Thief: Open World klaut Spielspaß

9. April 2014

Da ist er also wieder – Garrett, der Meisterdieb! Dieser düstere Geselle gehört seit seinem ersten Auftritt im Jahr 1998 zu meinen Lieblingsprotagonisten. Seine Streifzüge durch eine düstere, magisch angehauchte Steampunk-Welt sind zu echten Highlights meiner Spielelaufbahn geworden. Selbst dem dritten Teil „Deadly Shadows“ kann ich sehr viel abgewinnen, sieht man mal von den ziemlich unnötigen Open World-Elementen ab. Schon da wurde klar, dass die „Thief“-Spiele schlicht am besten während der einzelnen Aufträge funktionieren, die einem zahllose Herangehenweisen erlauben, überraschende Wendungen bieten und durch eine packende Handlung zusammengehalten werden. Zielloses Herumwandern durch eine frei begehbare Umgebung wirkt da wie ein störendes Element, das scheinbar lediglich dazu dient, die Spieldauer zu strecken.

Und nun kommt, zehn Jahre nach Garrett’s letzter Diebestour, der Reboot von Eidos Montreal. Der bietet eine gelungene Neuinterpretation des zynischen Antihelden, steckt ihn einmal mehr in ein mystisch-magisches Szenario mit Technikanleihen, wartet mit umfangreichen sowie abwechslungsreichen Aufträgen auf – und, mit Verlaub gesagt, versaut all das mit einer weiteren, völlig unnötigen und mangelhaft umgesetzten Open World!

Fassbarriere

Fairerweise muss ich erst einmal anfügen, dass ich kein großer Freund von Open World-Titeln bin. Ich ziehe eine packend-inszenierte, lineare Handlung jedem Freizeitpark á lá „Skyrim“ vor, da ich immer befürchte, etwas zu übersehen oder mich in der riesigen Umgebung zu verlaufen. Doch ich kann sehr wohl einschätzen, was eine gelungene Open World ausmacht – und weshalb sie bei „Thief“ in die Hose geht.

Der Dieb aller Diebe, der an Fässern hängen bleibt. (Foto: Eidos Montreal)

Der Dieb aller Diebe, der an Fässern hängen bleibt. (Foto: Eidos Montreal)

Die Stadt, durch die Garrett zieht, wirkt zwar groß, schränkt den größten Meisterdieb aber oftmals derart in seiner Bewegungsfreiheit ein, dass es schon beinahe grotesk ist. Klettern auf einen Kistenstapel? Nein, geht nicht! Klettern auf ein Fass? Wäre ja noch schöner! Klettern auf einen Fenstersims? Guter Witz! Im neuen „Thief“ darf sich Garrett in der „offenen“ Stadt nur dahin bewegen, wohin ihn die Entwickler auch haben wollen. Darunter können zwar ein paar knifflige Routen sein, um auch die letzten Geheimnisse und Seitenaufträge entdecken zu können. Doch mit der Bewegungsfreiheit des wohl unmittelbarsten Konkurrenten, dem mittlerweile zwei Jahre alten Ausnahmetitel „Dishonored“, kann das neue „Thief“ nicht im Ansatz mithalten. Zumindest nicht – und das ist eben das Unverständliche – in der angeblich frei begehbaren Stadt. Der absolute Tiefpunkt ist die Tatsache, dass es weder eine Schnellreise-Funktion noch eine vernünftige Kartendarstellung gibt, die mir mal anzeigt, in welchem Stadtteil ich überhaupt bin und wie ich am schnellsten in den nächsten komme. Die Spieldauer zu strecken, in dem der Spieler zu quälenden Laufwegen gezwungen wird, war noch nie eine gute Designentscheidung!

In den Storymissionen und einigen größeren Nebenaufträgen tritt hingegen fast alles zu Tage, was „Thief“-Fans schon an den ersten drei Teilen schätzten: Es gibt tatsächlich verschiedene Wege, um ans Ziel zu gelangen, Aufgaben können sich blitzschnell ändern und die einzelnen Umgebungen sind sehr abwechslungsreich gestaltet. Es hätte dem Spielspaß also überhaupt keinen Abbruch getan, diese Aufträge mittels ein paar Zwischensequenzen aneinanderzureihen, anstatt sie mit unnötigen Open World-Elementen zu verbinden. Vielleicht wären dann auch noch mehr als acht große Hauptaufträge herausgekommen, auch wenn diese – ich wiederhole mich da – derart umfangreich geraten sind, dass echtes Meckern nicht angebracht ist.

Da unten sind sie, die schier unüberwindbaren Kisten. (Foto: Eidos Montreal)

Da unten sind sie, die schier unüberwindbaren Kisten. (Foto: Eidos Montreal)

Lernen von den Meistern

Liebe Mädels und Jungs von Eidos Montreal, hier also meine Empfehlung: Schaut Euch mal den dritten „Max Payne“-Teil von den Open World-Königen von Rockstar an. Fällt Euch was auf? Richtig, statt einfach mal das bekannte „GTA“-Muster auf das geradlinige Shooter-Prinzip der ersten Teile zu verwenden, wurde ein linearer Action-Film inszeniert, dessen Leveldesign derart gut gelungen ist, dass mir keine Sekunde lang eine Open World fehlt. Auch hier lebten die Vorgänger von der Inszenierung und der Handlung, und genau das hat Rockstar sehr gut verstanden, als sie sich an einen weiteren Teil machten.

Solltet Ihr also noch ein Abenteuer von Garrett in der Pipeline haben, tretet mit und Garrett zu Liebe all den Open World-Mist in die Tonne und gebt uns einfach einen gut erzählten Schleich-Krimi ohne Schnörkel und ohne Spielereien. Besinnt Euch auf das Wesentliche und lenkt nicht davon ab! Ihr lauft sonst Gefahr, dass das, was bei Eurem Reboot richtig gut geworden ist, von dem überschattet wird, was überhaupt nicht nötig gewesen wäre.

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