Randal’s Monday: Und täglich stirbt die Logik

7. Dezember 2014

Es ist kein Geheimnis, dass ich Daedalic Entertainment mag. Sie sind für mich die wahren Erben von LucasArts und haben bislang nicht enttäuscht. Selbst das meiner Meinung nach “schwächste“ Adventure (“The Night of the Rabbit“) war gut genug um zu gefallen und besser als ein Großteil der Konkurrenz sowieso. Nur in einer Hinsicht haben die Jungs aus Hamburg ein unglückliches Händchen: wenn sie primär als Publisher fungieren und fremd entwickelte Titel in ihr Portfolio aufnehmen. Denn dort tummeln sich neben Klassikern aus dem Hause Telltale Games leider auch einige Langweiler der Marke “Tale of a Hero“ oder “1954: Alcatraz“.

“Randal’s Monday“ ist nochmal ein ganz anderes Kaliber. Ganz ehrlich: Hätte mich nicht bereits Anfang des Jahres Konamis “Lords of Shadow 2“ zur Weißglut gebracht, so würde mein Zorn des Jahres 2014 voll auf dieses Spiel gehen. Eigentlich hätte “Randal’s Monday“ das Zeug zum Sleeperhit: Die Comicgrafik ist schick, die deutsche Sprachausgabe herausragend und der Umfang für das Point’n’Click-Genre vorbildlich.

Und täglich grüßt das…

Auch die Prämisse gefällt auf Anhieb: Randals bester Freund Matt möchte seine geliebte Sally heiraten. Jedoch verliert er nach einem gemeinsamen Saufgelage seine Brieftasche mitsamt Verlobungsring. Randal schnappt sich das gute Stück und verkauft ihn sogleich am nächsten Tag, um seine Mietschulden zu bezahlen. Als Matt vom Verrat seines Freundes erfährt, bringt er sich um. Doch zum Glück (!) ist der Ring verflucht, weshalb sich für Randal der Tag nach dem Diebstahl stetig wiederholt. Sprich: Ähnlich wie Bill Murray im Filmklassiker “Und täglich grüßt das Murmeltier“, erlebt er den immer gleichen Montag. Und deshalb macht er sich sogleich ans Werk, seine Missetat irgendwie zu korrigieren.

Randals bester Freund hat es nicht gut verkraftet, dass sein Verlobungsring futsch ist...

Randals bester Freund hat es nicht gut verkraftet, dass sein Verlobungsring futsch ist…

Stichwort Filmklassiker: “Randal’s Monday“ sprüht nur so vor Andeutungen und platten Gags, die vor allem der Nerdkultur der 1980er und 1990er Jahre entsprechen. Bereits hier bin ich mir uneins, ob ich den Entwicklern für ihren Humor gratulieren oder ihnen an die Gurgel gehen möchte. Denn in meinen Augen übertreiben sie es – ähnlich wie im Urgestein “Leisure Suit Larry“ habe ich das Gefühl, dass nur jeder zweite Witz funktioniert. Besonders nervig sind die Zitate, die speziell im letzten Drittel überhand nehmen. Ich verrate nur so viel: Die Entwickler lieben den Film “Die Verurteilten“, weshalb sie mehrere Monologe fast 1:1 kopieren und sich nicht mal die Mühe geben, sie gekonnt zu veralbern.

Im Prinzip könnte ich mit diesem Makel leben, zudem im Gegensatz ein paar starke Nebencharaktere für qualitativen Ausgleich sorgen. Insbesondere die Dialoge mit Sergeant Kramer, Matts Abschiedsbriefe (die sich von “Tag“ zu “Tag“ ändern) und Randals Besuch bei einem Psychiater lassen das Potenzial erkennen, das sich hinter dem Projekt versteckt. Doch was bringt es, wenn die Rätsellogik alle paar Schritte einen hässlichen Herztod erleidet? Zugegeben: Es mangelt den Entwicklern beileibe nicht an Kreativität, denn ihr müsst einige Probleme auf eine bemerkenswert abenteuerliche Weise lösen. Jedoch haben sie dabei vergessen, das nur wenige Spieler von alleine auf solch krude Gedanken kommen.

ARG!

Mein Lieblingsbeispiel ist folgendes: Ihr benötigt irgendwann den Fingerabdruck einer bestimmten Person. Das einzig Brauchbare, was euch zur Verfügung steht, ist ein Pappbecher, den sie irgendwann in den Händen hielt. Im Prinzip braucht ihr nur etwas Tesafilm und ein wenig Puder, was auch beides im Spiel vorhanden ist. Jedoch fehlt von Letzterem zunächst jedwede Spur. Dafür könnt ihr euch in einer Bar mit alkoholfreien Likörs “besaufen“ – einfach so, weil es geht. Beim letzten Drink erhält Randal die Rechnung, weshalb er der Bardame vor Schreck ins Gesicht spuckt. Sie versucht daraufhin sich neu zu schminken und kriegt das mangels Spiegel nicht auf die Reihe. Nun könnt ihr aufs Klo gehen und es dank eures “Besäufnisses“ benutzen. Anschließend macht ihr die Bardame darauf aufmerksam, dass das Klo total verdreckt sei. Erst danach könnt ihr ihr mitteilen, dass sich auf der Toilette ein großer Spiegel befände und sie sich dort viel besser schminken könne. Sie wird daraufhin das Klo putzen und wieder zurück hinter die Theke marschieren. Dann müsst ihr erneut das stille Örtchen inspizieren und das Makeup-Set stibitzen, das die gute Frau neben dem Spiegel liegen lassen hat. Und in diesem Set schlummert natürlich das gesuchte Puder.

Wohlgemerkt: Ihr bekommt zu keinem Zeitpunkt einen hilfreichen Tipp, das diese beiden Ereignisse irgendwie miteinander zusammenhängen. Das ist Try & Error in Reinkultur, wie ich es schon lange nicht mehr gesehen habe. Und es ist wirklich nur ein Beispiel von vielen, die “Randal’s Monday“ unnötig brandmarken.

Freche Vermutung: Die Entwickler waren beim Ausdenken ihrer Rätsel ähnlich besoffen, wie die Protagonisten ihres Spiels in dieser Szene.

Freche Vermutung: Die Entwickler waren beim Ausdenken ihrer Rätsel ähnlich besoffen, wie die Protagonisten ihres Spiels in dieser Szene.

Hinzu kommt, dass mir die Steuerung unnötig Steine in den Weg legt. Ich bin ehrlich: In fast jedem Adventure hänge ich irgendwann fest und kombiniere einfach alle Objekte miteinander, bis irgendwas funktioniert. Das ist natürlich auch in “Randal’s Monday“ theoretisch möglich, jedoch wahnsinnig umständlich. Warum? Weil das Objekt, das ich in der “Hand“ halte, jedes Mal zurück ins Inventar gelegt wird, wenn ich es mit einem anderen zu kombinieren versuche. Möchte ich also alles mit allem durchprobieren, dann muss ich jedes Gott verdammte Mal das Inventar öffnen und das erste Objekt mühsam heraussuchen. Obendrein habt ihr meist so viele Gegenstände bei euch, dass das Inventar aus zwei Seiten besteht, zwischen denen ich dann auch noch ständig blättern darf.

Der Ton macht die Musik

Richtig frech wird’s beim Tonfall, wenn ihr nämlich eine Kombination versucht, die laut den Entwicklern keinen Sinn ergebe. Dann raunt euch Randal meist unfreundlich an, stellt euch im besten Fall als dumm dar und rät euch, bei solchen Ideen am besten gleich aufzuhören – was in Anbetracht einiger Lösungen, die ihr letztlich auf “logische Weise“ ertüffeln sollt, blanker Hohn ist. Überhaupt ist Randal zu unsympathisch und zu sehr Kotzbrocken, was viel vom Charme der Geschichte kaputt macht.

Wie gesagt: Mich ärgert all der Mist umso mehr, weil “Randal’s Monday“ großartig hätte sein können. Man hätte die Rätsel nicht mal groß verändern, sondern einfach nur so schreiben müssen, das der Spieler darauf kommt – sei es mit offensichtlichen Hinweisen, optischen Auffälligkeiten oder clever versteckten Tipps. Doch das einzige Element, was mir zur Verfügung steht, ist eine plumpe Hilfe, die einfach alle Lösungen ohne Umwege verrät. Da hilft auch der “Gag“ nichts, dass jedes Mal ein junges Kätzchen sterben würde und der entsprechende Soundeffekt aus dem Lautsprecher knarzt. Vor allem, weil das nicht witzig ist.

Ich würde jedenfalls gerne noch ein Projekt von Nexus Game Studios sehen – es mangelt den Spaniern beileibe nicht an Ideen und Herzblut. Und auch wenn der Plotverlauf arg ins Konfuse abdriftet (und die eigentliche Idee mit dem immer wiederkehrenden Tag stark in den Hintergrund rückt), so ist die Story auf ihre Weise stimmig. Aber sie benötigen einen Aufpasser, damit ihr nächstes Spiel auch für Normalsterbliche spaßig ist.

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