Krieg sah nie besser aus. In “Battlefield 3” von DICE fliegt alles in die Luft, wird fröhlich vor sich hingestorben und es werden die Helden des Krieges gefeiert. Nur bei mir will sich nicht die rechte Begeisterung einstimmen.
Das liegt nicht an EAs zweifelhafter Onlineplattform Origin oder gar dem Spielprinzip. Im Gegenteil, mir ist das Hickhack um die Spyware-Vorwürfe Schnuppe, denn die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen. Und lässt man den langweiligen Story-Modus außer Acht, ist “Battlefield 3” ein fantastischer Multiplayer-Shooter, in dem Teamwork, Strategie und Können über Sieg oder Niederlage entscheiden. Die Technik ist sowieso vom Allerfeinsten. DICE holt aus aktuellen PCs und Konsolen die letzten Reserven heraus. Egal, ob es die realistische Grafik oder die Soundeffekte sind. Mehr mittendrin geht nicht. Aber genau da liegt mein Problem.
Ich bin ja kein Weichei. Bei den beiden “Dead Space” – Abenteuern habe ich fast alle Achievements erreicht, ich schicke gerne meine Space Marines in “Dawn of War” -Schlachten oder köpfe Zombies. Nur wenn es um reale Konflikte geht, bin ich ein Sensibelchen. Ich mag einfach nicht das nachspielen, was ich erst kürzlich in den Nachrichten gesehen habe. Oder auch den II. Weltkrieg, Vietnam und all die anderen Schlachten, bei denen Menschen gestorben sind. Ich weiß nicht, worin der Sinn liegt, nach diesem “Mittendrin”-Gefühl zu lechzen. Für mich hat das etwas von Stammtisch-Kriegsführung.
Wobei ich natürlich verstehe, warum Entwickler und Publisher so geil auf das Szenario sind: Krieg verkauft sich immer gut. Rein dramaturgisch betrachtet stellt es den “Helden” vor eine enorme Herausforderung. Er muss sich meist allein oder im Team durch ganze Armeen kämpfen, um am Ende den “Unterschied zu machen”. Das Szenario bietet genau das Spektakel, das ein moderner First-Person-Shooter braucht. Bei einem Strategie-Spiel wird das ganze Morden und Bombardieren gerne mit dem Etikett “Geschichtsstunde” versehen. Und ja, das mag alles stimmen, aber am Ende werden hier reale Katastrophen und reales Leid ausgebeutet. Was haben die Opfer davon, wenn man ihre Tragödie nachspielt? Ich verstehe es gut, kritisieren Veteranen so etwas. Dass man als Reaktion darauf einfach ein paar Fakten ignoriert, ist eine ganz andere Sache, siehe “Medal of Honor”. Kriegsspiele schwingen nämlich oft die Ideologie-Keule.
Vielleicht bin ich ja ein bisschen naiv. Orks, Nekromorphs oder Zombies sind mir als “Volk” zunächst mal völlig egal. Sie sind reine Symbolfiguren, in denen ich von der Ausbeutung der Natur bis zur Konsumkritik alles hineindeuten kann. Oder ich kann mir aussuchen, mit welchen realen Völkern ich sie vergleichen will. Wenn mir aber “Battlefield 3”, “Modern Warfare” oder “Homefront” Russen, Taliban & Co. als Bösewichte servieren, ist das eine eindeutige politische Aussage: Der Westen als einziger Vertreter der freien Welt und der einzig wahren Weltanschauung. Da das Ganze auch noch äußerst simpel gestrickt ist, bleibt für mich vom Spiel nur noch billige Propaganda übrig.
Auf der einen Seite bin ich ja auch schizophren – ein Videospieler mit moralisch-ethischen Bedenken! Aber auf der anderen Seite verlange ich von einem Leitmedium mehr als Propagandafilmchen der 30er-Jahre. Das Medium Film hat sich weiterentwickelt, obwohl das Prädikat “Anti-Kriegsfilm” nur auf eine kleine Auswahl zutrifft. Aber wo bitte gibt es im Spiel so etwas wie die “Kriegsgrabenszene” aus “Im Westen nichts Neues”? Oder wie wäre es mal mit “Johnny get you gun” oder “Catch 22”? Stattdessen darf ich miterleben, wie meine Spielfigur bei einer Atombombenexplosion stirbt oder ich bekomme die Pointe eines Psychoquarks wie in “Black Ops” gleich mehrere Male erklärt. Gerne kehrt dann auch so eine Art Law&Order-Mentalität ein, wenn die Feinde nach der Folter skrupellos hingerichtet werden. Das ist vielleicht provokant, aber bestimmt nicht tiefgründig. Von dem dummen Mix aus Schenkelklopfhumor und zynischen One-Linern will ich gar nicht erst anfangen.
Logisch, es gibt mehr Actionschrott wie “Expendables” oder “Tränen der Sonne” als ein “Full Metal Jacket”. Meinetwegen. Aber ein Actionspiel darf bei mir ruhig auch die Gehirnsynapsen kitzeln. Der so genannte “Millitärshooter” zelebriert seit Jahren die gleiche patriotische Heldenleier, ist spielerisch öde und austauschbar. Es ist natürlich ein wenig fies, wenn ich “Battlefield 3” dafür als Aufhänger benutze. Aber wenn ich das Talent, das Geld und die Technik sehe, die in dieses Spiel geflossen sind, kann ich nur enttäuscht sein. Am Ende ist es doch nur ein weiterer Shooter. So gesehen nix Neues von der Front.
Ich bin mit dir vollkommen einer Meinung, was dieses übermäßige Zelebrieren und Nachspielen von realen, echten Konflikten angeht. Es fühlt sich falsch und einfach nicht richtig an und nimmt den Spielen – ich sehe hier auch die letzten Call of Duty Titel – ihre Unschuld (und mir den Spielspaß). Wenn ich da an Battlefield 1942, BF Vietnam oder Desert Combat denke, war das meinem Empfinden nach noch anders.
Da ging es darum, dem gemeinsamen Räuber-und-Gendarm-Spielen nur grob eine Bühne zu geben. Der Konflikt war reine Nebensache. Das gemeinsame Spielerlebnis ( gerade auf Lanpartys haben die vollbeladenen Maps teils zu witzigen Scharmützeln geführt) stand im Vordergrund und nicht, das aktuelle Kriegsgeschehen mit möglichst all seinen brutalen Facetten bis ins heimische Wohnzimmer zu bringen.
“Die Unschuld verlieren” – das hast du sehr schön formuliert. BF3, CoD & Co. geben ja nur vor die Schrecken des Kriegs zu zeigen. Folter, Massenmord, Selbstjustiz kann man ja gerne einbinden, aber ich muss es dann auch hinterfragen. Ich bin deshalb sehr gespannt, was Yager bzw. 2K mit “Spec ops: The Line” machen.
Das finde ich mal gut geschrieben und dargelegt. Ich gehöre zu denen, die Bf3 wirklich sehr gerne spielen, für mich steht hier lediglich der Multiplayer im Vordergrund, die Story selbst interessiert mich nicht. Selbst im Multiplayer ist es für mich das Gameplay und nicht das Szenario, in dem ich mich befinde, was dieses Spiel für mich spielenswert macht.
Doch abgesehen von Shootern, schlängelt sich der rote Faden der ewig gleichen Wiederholungen durch so ziemlich jedes Genre. Ich z.B. bin es leid, das Rollenspiele immer gleich mit Orks, Drachen, Ritter und Co. besetzt werden und Ideen wie Secret World ziemlich schnell von der Bildfläche verschwinden.
Rockstar produziert seit Jahren die gleiche Spielerfahrung und tauscht lediglich die Stadt oder Epoche aus, dennoch gehen die Spiele weg wie geschnitten Brot. Sobald die Industrie ihren Zipfel vom roten Faden einmal gefunden hat, wird dieser fleissig weiter verfolgt und die nächste CashCow in Leben gerufen.
Deine Ansicht verstehe ich gut und teile sie auch bedingt. Ich bringe Spiele generell nicht mit aktuellen Ereignissen in Verbindung und nehme sie als das was sie nunmal sein sollen – ein Spiel. Vielleicht einer der Gründe, warum ich nach über 20 Jahren Videospielen / Shootern noch nicht Amok gelaufen bin. ;) Auch Propaganda erfüllt erst dann ihren Zweck, wenn man sich auf die “unterschwelligen” Botschaften einlässt.
Besonders gut an deiner Ausführung finde ich, dass Du im Gegensatz zu vielen anderen sachlich und gut Deinen Standpunkt darstellen kannst, wohin viele andere zu diesem Thema einfach nur stumpf wettern. ThumbsUp!
Auch wenn das ebenfalls nur ein GTA-Ableger in anderem Kostuemchen zu sein scheint, hatte ich mit Red Dead Redemption mehrere Wochen lang richtig Spass und war total angetan von der detailreich umgesetzten Spielidee. GTA 4 hat mich hingegen nur wenige Stunden unterhalten. Ich haette sogar noch eine prima Idee fuer eine Erweiterung (DLC). Wie waere es denn, sich als Marty McFly im Wilden Westen Ersatzteile fuer den DeLorean zu schiessen? Inklusive High-Noon Standoff in Hill Valley, Rettungseinsatz der Grundschullehrerin und dem finalen Zeitsprung ueber die noch nicht fertig gestellte Eisenbahnbruecke? :)
Ich kann’s kaum abwarten, bis meine Xbox360 samt meiner Spiele hier in Australien ankommt. Mehr als 1 Jahr XBox Live Abstinenz. ;)
Im Westen nichts neues. Vielleicht kann man das Spiel(prinzip) sogar so beschreiben.
Das ein Großteil des Textes sich mit moralischen Befindlichkeiten beschäftigt, wundert mich allerdings schon. Ein Artikel über Propadanda in Kriegsspielen allgemein mag durchaus ein interessantes Thema sein. Dies als ziemlich alleinigen Aufhänger für Battlefield 3 zu nehmen, ist mir allerdings zu wenig. Es wird ja in der kurzen Einleitung beschrieben, dass der Shooter sonst in allen Bereichen die Referenz darstellt. Zudem schlägt Thema “Propaganda” hier nicht zum ersten Mal auf.
Wen Kriegsshooter vor realem Hintergrund stören, kann sie getrost ignorieren – moralinsaure Spiele oder heute “Serious Games” genannt, gibt es doch inzwischen genug.
Ob sich Spieler oder wie angedeutet gleich einzelne Völker in kollektive Beleidigung stürzen müssen, wage ich einfach zu bezweifeln. Ich zumindest hatte kein Problem virtuell gegen Nazis zu kämpfen, nicht gegen Russen und sicherlich nicht gegen Taliban. Bei dem von mir gerne gespielten Day of Defeat bin ich auch öfter auf Seiten der Wehrmacht. Ob die Spiele tiefgründig sind, ist tatsächlich zweifelhaft – aber die Mischung aus Taktik und dem erwähnten “Mitten-Drin-Gefühl” macht das Spielerlebnis aus.
Der Vergleich mit Nazipropaganda (“Propagandafilmchen der 30er-Jahre”) finde ich völlig deplatziert – gerade vor dem Hintergrund der übermittelten Ideologie.
Hingegen ist die Gegenüberstellung von (reaktionären) Actionfilmen und den (Anti-)Kriegsfilmen von Kubrick spannend. Bei mir allerdings haben sowohl “Death Wish” als auch “Paths of Glory” ihren Platz.
Die Propaganda ist ja nur ein Teil meiner Kritik. Mir geht es darum, wie Krieg dargestellt wird – es ist kein großes cooles Abenteuer. Ich habe BF3 als Beispiel gewählt, weil er neben MW3 das momentane Aushängschild des Militärshootergenres ist.
Darüberhinaus will ich nicht nur kritiklos konsumieren und hinterfrage bestimmte Mechanismen. Ist das schon moralinsauer? Ich will nicht einfach alles abnicken, was mir die Spiele- oder Filmszene serviert. Das zunächst mal wenig mit “Serious Games” zu tun, sondern wie ernst ich ein Medium nehmen will.
Zu den Propagandafilmchen: Ich habe mich nie auf die Nazis bezogen. Tatsächlich wurden in den 30er und 40er-Jahren von allen Kriegsparteien zweifelhafte Filme ins Kino gebracht.
Keine Frage – die kritische Durchleuchtung der Spiele- und Filmindustrie ist ein spannendes Thema. Wie gesagt, für einen längeren Artikel zu Battlefield 3 hätte ich allerdings einen anderen Schwerpunkt erwartet.
Ebenso teile ich die moralischen Bedenken nicht. Zum einen halte ich die Spieler – im Gegensatz zu vielen Politikern – für mündig genug, dass sie die vordergründig realistische Darstellung nicht mit einem echten Kampfeinsatz gleichsetzen. Die Rezeption der meisten Käufer wird daher wohl eher eines typischen Hollywood-Actionfilms gleichen.
Zum anderen finde ich die Positionierung für eine westliche Sichtweise – die m.E. weniger ideologisch als vielmehr ökonomisch zu sehen ist – als positiv und auch für nicht-westliche Völker keinesfalls beleidigend.
Dies war bei den (deutschen) Propandafilmen der NS-Zeit sicher nicht der Fall. Die Eingrenzung auf die NS-Propagandafilme wurde von mir vorgenommen, da ich denke, dass wohl kaum vergleichbares Material (zumindest mir nicht bekannt) in Resteuropa oder USA in dieser Zeit gedreht wurde.
BF3 ist ein typischer und aktueller Militärshooter. Deshalb finde ich ihn für den Artikel geeignet.
Sicherlich erkennen Spieler, dass die Handlung fiktiv ist. Allerdings sind Militärshooter enorm beliebt. Wieso war ein “BF 2142” weitaus weniger erfolgreich als “BF 2”? Warum muss es dieser Kick “Realismus” sein? Du scheinst ein großer Fan des Spiels zu sein und deshalb würde mich interessieren, was dich an dem Szenario reizt – abseits der spielerischen Qualitäten.
Die Positionierung der westlichen Sichweise ist deine Interpretation. Tatsächlich sagen BF3 & Co. zu diesem Thema recht wenig bzw. reissen es nur an. Am Ende bleibt beim Spieler ein simples “Gut/Böse”-Schema und das kann ich durchaus als beleidigend deuten.
Also Moorhuhn hatte auch Erfolg und war gar nicht realistisch.
Ich denke das realistische Kriegs-Szenario ist auch für die Zielgruppe der Grafikfetischisten. Meist sind es sogar Pazifisten die nie Ihren Dienst bei Bund getan haben.
Daher ist meine Auffassung, dass es bei Spielern solcher Spiele vornehmlich um den Wettkampf (den Wettstreit) an sich geht und nicht um die Glorifizierung des Krieg. Außerdem spielen die meisten Hardcorespieler eh nur den Multiplayer.
Der Singleplayer ist doch eh für die Katz. Da ist das oben genannte Moorhuhn spaßiger ;-).
Leicht verspätet meine Antwort: Ich bin kein großer Fan der – ich nenn’ sie mal “neuen Militärshooter” und Battlefield 3 besitze ich nicht einmal. Meine Gründe dafür sind sicherlich anders – bei mir klingeln schon die Alarmglocken, wenn die Shooter für die aktuelle Konsolengeneration ausgelegt werden. Das bedeutet fast immer Schlauchlevel, gerne noch mit blinkenden Pfeilchen, damit man möglichst mittig im durchgeskripteten Pfad entlang läuft. Die Orte um in Deckung zu gehen oder die obligatorischen Explosivfässer deuten im Vorfeld schon an, was kommt. Dazu gefällt mir das Konzept der automatischen Gesundheitsregenerierung nicht. Keine Ahnung, welche Elemente davon in Battlefield 3 umgesetzt wurden und ob sich die KI immer noch dümmer als Brot anstellt.
Der Erfolg der Spiele verwundert mich hingegen nicht, da der grafische und inzwischen auch soundtechnische Realismus ernorme Fortschritte gemacht hat. Dazu kommt noch ein Szenrio in das man sich leichter reinversetzen kann – da es die meisten Spieler noch aus den Nachrichten kennen. Des Weiteren gehe ich davon aus, dass der SinglePlayer temporeich ist, viel Explosionen und Action bietet. Ferner ist keine Einarbeitung in Steuerung o.ä. nötig. Installieren und losballern.
Vielleicht noch eine Anmerkung zur Frage nach dem gewünschten Realismus – das ist doch auch in andere Genres so: Bei Rennspielen möchte man authentische Fahrzeuge haben (siehe auch die hervorrangenden Mods zu GTA), bei Fußballspielen die Originalnamen von Spielern und Vereinen und bei Shootern eben realistische Waffen, Uniformen und Szenarien. Ich würde das eher unter stimmige Atmosphäre verbuchen – das Gameplay selbst kann durchaus “arcade-lastig” sein.
Noch ein Wort zum Gut/Böse Schema und der Moral: Man kann doch sehen, dass sich die Spiele in eine andere Richtung entwickelt haben – Spiele wie Commando Lybia oder Cabal sind doch heute undenkbar…
Wenn ich aus BFBC2 & BF3 etwas gelernt habe, dann, das Offlinekrieg noch viel viel beschissener ist, als man dachte.
Ich lauf die Straße runter, Kugel im Kopf, tot. Kein respawn, nada…
Als mündiger Mensch komme ich nicht drumherum, über Dinge, die ich in zeitlich großem Maßstab so betreibe zu reflektieren. Und wenn ich das Ganze etwas weiterdenke, spiel ich zwar weiter, bin aber umso dankbarer, dass ich niemals selbst in einen bewaffneteten Konflikt ziehen musste.
Die Moralkeule schwing ich da also schon mal selbst.
Russen gegen Amis nervt mich allerdings auch schon langsam so ziemlich ab.
Ein allerdings wirklich komischer Nebeneffekt der ganzen Realismusballerei ist allerdings, mit welcher Leichtigkeit ich im TV Schusswaffen und Kriegsgerät zuordnen kann.
Mir ist es nämlich auf gut Deutsch gesagt SCHEISSEGAL, ob ich ne Glock, ne Magnum, ne M1911 oder sonstwas in den digitalen Griffeln habe. Das macht keinen Unterschied. Aber ich erkenn sie mittlerweile. Sogar an der Schussfrequenz und dem Sound…
Die Rüstungsindustrie hat hier also ein 1A Werbemittel und wie das in das ganze besprochene Thema passt, würde mich nämlich mal so richtig interessieren…