Alien Isolation: Warten im All

7. November 2014

Ist gut gemeint auch wirklich gut? “Alien Isolation” von Creative Assembly gilt zumindest laut der Fachpresse als das beste Spiel zu der bekannten Filmreihe.

Die Geschichte spielt zeitlich zwischen dem ersten “Alien”-Film von Ridley Scott und “Aliens” von James Cameron. Amanda, die Tochter von Ellen Ripley, wird auf die Raumstation Sewastopol geschickt, die angeblich Informationen über ihre verschollene Mutter hat. Dort trifft sie – Wunder, oh Wunder – auf ein Alien. Das Monster war in der Zwischenzeit nicht untätig und wütete auf der Station ziemlich. Die Ordnung ist zusammengebrochen, bei der Ankunft muss sich Amanda nicht nur mit einem nahezu unverwundbaren Alien, sondern auch mit Verbrechern und Cyborgs auseinandersetzen.

Machen wir es kurz. Ich bin enttäuscht. Dafür gibt es Gründe

Die lausige Spielmechanik

Damit meine ich nicht die 1000 Tode, die ihr sterben werdet. Nö, das bin ich von “Dark Souls” gewohnt. Wo ich in From Softwares Meisterwerk zahllose unterschiedliche Tode sterbe, aber auch viele Möglichkeiten zum Überleben erhalte, bin ich hier nur mit Schleichen und Verstecken beschäftigt. Motion Tracker überprüfen, Spind oder Schränkchen (sonst nix) suchen und verstecken. Und dann warten, bis das Alien vorbeigeschlüpft ist. Gewissermaßen ein Waiting-Simulator im All.

Gut, ich kann allerlei Dinge basteln, um meine Gegner abzulenken. Rohrbomben, Geräuschmacher und so weiter. Die werfe ich dann in irgendeine Ecke, um das Alien auf die “bösen” Menschen zu hetzen. Dadurch wird das Spielgeschehen aber nicht komplexer, sondern bleibt eintönig. Wieso zur Hölle muss ich beim Hacken eine Art Bilderpuzzle lösen? Häh? Und warum darf ich meine Umgebung nicht spielerisch einsetzen? Ich kann nichts verschieben, nicht klettern und schon gar nicht springen. Das ist für ein Spiel, indem ich improvisieren sollte und wirklich jede Möglichkeit zum Überleben brauche, ziemlich wenig.

Dein bester Freund, der Motion Tracker.

Dein bester Freund, der Motion Tracker.

Die dämliche Story

Kennt ihr die Szene, wenn die Jungfrau nur mit der Taschenlampe in den dunklen Keller steigt, um den Killer zu stellen? So etwas nennt man einen Idiot Plot. Der Anfang von “Alien Isolation” ist typisch dafür. Amanda kommt an der Station an, Kontakt bricht ab und was macht unsere Heldin? Einfach mal unbewaffnet im Raumanzug rüberfliegen! Ist ja logisch, gell? Einfach dämlich. Ganz zu schweigen von der Idee, einfach die Tochter als Protagonistin auszuwählen. Alles Flickwerk.

Danach wirkt die Story verwirrend. Erst sind sie alle böse, dann quatscht Amanda einfach mal so den nächsten an. Wieso, weshalb, warum? Vor allem zieht sich die Story in die Länge. Was auch am Spielprinzip liegt. Ach ja, dass ihr in einer “Alien”-Story niemanden vertrauen solltet, ist sowieso klar.

Es ist nicht “Alien”

“Alien”! Das sind für mich enge Gänge, in denen das Metall rostet; Öl die Wände verschmiert und überhaupt alles vor sich hin “stirbt”. Im Gegensatz zum sauberen Look der Enterprise verströmte die Nostromo einen morbiden Hauch der Auflösung. Horror bedeutete hier, dass sich die Figuren nie auf etwas verlassen konnten. Die Technik war fehlerhaft und alles drohte zu zerfallen. Die Figuren lebten in ständiger Ungewissheit. Vor allem ging der Film dorthin, wo es wehtat. Glitschige Geburtsmetaphern, Phallussymbole – “Alien” war eine ziemlich eklige und tabulose Variante des Geschlechterkampfs.

In “Alien Isolation” ist alles ein paar Nummern kleiner. Vielleicht liegt es daran, dass dieses Monster aus dem All für mich alles Ungewisse verloren hat. Es wurde filmisch in vielerlei Hinsicht seziert. Jeder kennt es, es ist nun eher harmlose Popkultur-Ikone als feministische Alptraumvision. Natürlich bin ich im Spiel häufig erschrocken, aber das hat wenig mit dem unangenehmen Gefühl des Horrors zu tun, das ich im ersten “Alien”-Film verspürt habe. Und ein bisschen Graffiti macht noch keine Nostromo.

Am Ende helfen weder das Sounddesign noch die noble Absicht, es anders als alle anderen Blockbuster-Titel machen zu wollen. “Alien Isolation” ist ein viel zu lang gezogenes Stealth-Abenteuer im All, das zwar zu Recht als bestes Spiel zur Filmreihe gilt, aber Konkurrenten wie “Aliens: Colonial Marines” sollten nicht der Maßstab sein.

Wobei: Kennt einer noch das Spiel zu “Alien 3” aus den frühen 1990ern ?

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7 comments on “Alien Isolation: Warten im All

  1. Eine Idiot Review: Eine Review, bei der der Autor das Spiel von vorne herein nicht gut finden will und Fragen stellt, um zu zeigen, wie schlecht das Spiel doch ist. Am Ende wird dann noch auf ein uraltes Spiel hingewiesen, dass möglichst keiner kennt, damit man es als Vergleich ja nicht in Frage stellen kann.

    • Schade. Aber vielleicht könntest du genauer sagen, warum du das Spiel besser findest?

    • Nur weil das Spiel Alien 3 “so gut wie keiner” kennt, kann es doch trotzdem besser als Alien: Isolation sein – oder? ;)

      Darüber hinaus: Alien Trilogy … Alien vs. Predator 1 & 2… Aliens auf Schneider CPC/C64… es gab durchaus schon gute Alien-Spiele. Ist halt alles ein Weilchen her :)

      Und, zu Andreas Text noch ‘ne Kleinigkeit: Die Fachpresse ist sich alles andere als einig. Es gibt viele kritische Stimmen, gerade in Amerika und das von den etwas “größeren” Magazinen. Alien: Isolation spaltet nun mal die Gemüter und ist nix für Ungeduldige – zu denen ich mich auch zähle. D.h. ich respektiere es für das, was es ist und sein möchte. Aber es gibt gute Gründe, warum man es nicht mögen muss und Andreas Argumentation deckt sich größtenteils mit diesen.

  2. Alien 3 auf dem SNES ist meiner Ansicht nach schon das beste Alien Spiel (und das einzige, das ich durchgespielt habe, lang, lang ist’s her). Allerdings natürlich losgelöst aus dem Zeitkontext, denn nach heutigen Maßstäben ist es eher schrecklich. Aber auch diverse andere Aliens Spiele wie das von der PS1 oder Aliens vs Predator sind sehr gute Titel.

    Tatsächlich polarisiert dieses Spiel hier extrem. Gerade die deutsche Presse hat es aus Sicht der deutschen Fans ja ziemlich abgewatscht und niedrig bewertet. Während PC Games und Gamers Global mehr oder minder zu ihren Wertungen stehen ist die Gamestar mal wieder unter dem Druck eingeknickt und hat ordentlich aufgewertet.

    Der größte Kritikpunkt ist sicherlich die Spielzeit. Für die mehr als 15 Stunden gibt es einfach zu wenig Inhalt. Mit 8 – 10 Stunden hätte der Titel wesentlich gestraffter und spannender sein können.

    Für mich sind Schleichspiele in der Regel sowieso nichts, mit Ausnahme von Metal Gear Solid und vielleicht dem neuesten Thief (das habe ich bisher allerdings noch nicht gespielt). Ist mir generell ein wenig zu langweilig, dieses warten.

    Tatsache ist, A:I polarisiert. Die einen feiern es ab als das beste Spiel aller Zeiten (oder zumindest der Franchise), viele, wie ich, können aber auch mit der Spielmechanik nichts anfangen.
    Ich hatte meinen Spaß dabei Angry Joe beim Zocken zuzuschauen. Seine Wertung war eine 8, wobei er klar meinte, ohne Fanbonus wäre es eine 7. Er hat es allerdings nicht durchgespielt sondern zusammen mit einem Kumpel. Und ich denke, da kann man sicher mehr Spaß haben, als wenn man sich tatsächlich alleine im dunklen Kämmerlein einsperrt um die richtige Atmosphäre zu haben.

    Ich selbst bin gerade an der F.E.A.R Trilogie. Zugegeben, ich grusel mich so oder so bei Horror eher nicht, abgesehen von Jump Scares, bei denen ich ungewollt zusammen zucke (lustigerweise gerade dann, wenn ich genau weiß, dass da gleich was kommen muss). Ich mag aber die beklemmende Atmosphäre. Und ich glaube beim Horroraspekt ist F.E.A.R. im Spielebereich ziemlich ungeschlagen, neben Silent Hill 1 und 2 natürlich.

  3. Dominik Nov 9, 2014

    Ich kann die Kritikpunkte die die Eintönigkeit betreffen nachvollziehen. Ich fand das Spiel ab dem Punkt gut, ab dem ich es nur noch in kleinen Etappen gespielt habe: Jeden Abend bis zum nächsten Save Punkt. Wenn man sich an die Story hält und vorankommen will wird es wirklich schnell eintönig. Vorankommen wollen und im Schrank hocken und drauf warten, bis die Luft rein ist – das passt einfach schlecht zusammen! Vor allem nerven dann die gefühlt relativ zufälligen Tode umso mehr. Als ich das Spiel in 45-60 Minuten Sessions angegangen bin, konnte ich die Atmosphäre genießen und bin mit ein paar denkwürdigen Erinnerungen aus dem Spiel gegangen. Vielleicht finden deswegen viele Reviewer das Spiel auch nicht so gut, weil es einfach kein Spiel ist, dass man gut am Stück durchspielen kann.

    • Aber ist das denn nicht schlechtes Gamedesign? Ein Spiel das nur Spaß macht wenn man es a) in kleinen Happen und b) sehr, sehr langsam und geruhsam spielt, macht meiner Ansicht nach irgend etwas falsch, wenn man es auch anders, eben schnell und am Stück spielen kann, es dann aber keinen Spaß macht. Andere Schleichspiele kann man ja schließlich auch mehrere Stunden am Stück zocken ohne genervt zu sein.

      • Dominik Nov 11, 2014

        Ich würde nicht sagen, dass das gleich schlechtes Game Design sein muss, eher dass es sich hier aus der Spielidee ergibt, Alien zu simulieren: Du hast nur einen übermächtigen Gegner und keine Waffen, die ihm etwas anhaben können. Du sollst dich hilflos fühlen. Das ist ein anderer Ansatz als bei Snake, Sam, Garret und Co, wo man ja doch immer ein mit allen Wassern gewaschener Tausendsassa ist, der jeder Situation mehr als gewachsen ist und sogar die Wahl zwischen mehreren Vorgehensweisen hat. Man kann sich aber natürlich drüber streiten ob die Idee per se gut für ein Spiel ist, weil nichts tun, warten und ausgeliefert sein einfach nicht besonders interessant ist.