The Last of Us auf PS4: Klassisches Kann-man-haben-muss-man-aber-nicht

26. August 2014

Es mag für viele Spieler da draußen komisch klingen, aber: “The Last of Us” ist vollkommen an mir vorüber gegangen. Als das Spiel vor gut einem Jahr erschien und Fabelwertung um Fabelwertung einstrich, war mir das egal. Naughty Dog als Entwickler, die das letzte Quäntchen aus der PlayStation 3 quetschten? Und wenn schon. Dann noch die unzähligen Game-of-the-Year-Awards – das machte das Spiel noch uninteressanter. Selbst das Review hier auf Polygamia vom geschätzten Kollegen Andy war für mich kein Grund, mal einen Blick zu riskieren.

Der Prolog ist stimmig - und bereitet euch auf das vor, was folgt. (Bild: Polygamia)

Der Prolog ist stimmig – und bereitet euch auf das vor, was folgt. (Bild: Polygamia)

Denn entweder haben Naughty Dog wirklich ein Meisterwerk geschaffen oder es ist das Spiel gewordene Teflon, an dem nichts haften bleibt und das aus genau diesem Grund so vielen gefällt. Nachdem die PlayStation 4 mein Wohnzimmer bereicherte und ich so ziemlich alle der fünf verfügbaren Spiele darauf zockte, dürstete es mir nach neuem Spielefutter. Und so kam ich auf “The Last of Us”, das als “Remastered”-Edition zum Vollpreis in die Händlerregale gestellt wurde. Mangels alternativer Spielekost musste als dieser Titel herhalten…

“The Last of Us” ist auf dem ersten, zweiten und dritten Blick kaum etwas anderes als die “Uncharted”-Reihe. Ein fescher und wortgewandter Held, ein paar flotte Schusswechsel und leichte Kopfnüsse, zudem die prächtigsten Panoramen, die man je auf einer PlayStation 3 gesehen hat. Erzählt wird die Geschichte einer schrecklichen Pandemie in den Vereinigten Staaten von Amerika, die große Teile der Menschheit auslöscht und nur jene zurücklässt, die nun in einer postapokalyptischen Welt irgendwo zwischen totaler Anarchie und Militärherrschaft ihr Dasein fristen. Immer wieder werden die Überlebenden von der mysteriösen Krankheit befallen (durch einen Biss bereits Befallener oder die Pollen) und mutieren zu willenlosen Zombie-artigen Kreaturen. Anstatt sich zu verbünden und der Ursache auf den Grund zu geben, geschweige denn die Epidemie zu besiegen, bekriegen sich die Menschen lieber untereinander. Es gilt noch immer “Homo Homini Lupus est” – und so schüchtert und sperrt das Militär mit Sicherheitsversprechen den ängstlichen Teil der Überlenden ein, während die Anarchisten an eine Erlösung durch die Gruppe “Fireflys” glaubt, die als mordgewaltige Guerilla operieren.

Bonjour tristesse

Gewalt bleibt immer gleich - auch nach dem Untergang der USA. (Bild: Polygamia)

Gewalt bleibt immer gleich – auch nach dem Untergang der USA. (Bild: Polygamia)

In dieser tristen Welt lebt auch Joel, der sich als Schmuggler mit seiner Kumpanin Tress Respekt und etwas Nahrung verdient. Das schlagkräftige und brutale Duo zieht einen Job nach dem anderen durch, egal, was die Fracht ist. Monoton, totaler Stillstand und schwer zu ertragen für Menschen, die im Leben gerne mehr machen würden, als nur an den nächsten Tag (und nicht darüber hinaus) zu denken. Das ändert sich, als die beiden den Auftrag bekommen, die 14-jährige Ellie zu eskortieren. Wie sich schon bald herausstellt, ist sie nicht nur der nächste Job, sondern vielleicht die Hoffnung auf ein Gegenmittel. Denn sie wurde verwundet – und mutierte nicht. Joel und Ellie schlagen sich denn in gut 10 Stunden durch die Überreste der USA, geraten in zahlreiche brenzlige Lagen, treffen zwiespältige Charaktere… das Übliche eben.

Bekannte Zutaten

Immer weiter - auf ihrem Streifzug durch die USA erlebt der Spieler nur noch die traurigen Überreste der einstigen Supermacht. (Bild: Polygamia)

Immer weiter – auf seinem Streifzug durch die USA erlebt der Spieler nur noch die traurigen Überreste der einstigen Supermacht. (Bild: Polygamia)

Und da liegt für mich eines der Probleme. Die Handlung ist – mit Ausnahme des hervorragenden Prologs – vorhersehbar und allzu bekannt. Hier ein bisschen “28 Days Later”, da “I am Legend” und eine Priese “Die Reise nach Westen” – fertig ist der Geschichtencocktail. Aufhänger der Krankheit sind die in Medien einst während eines Sommerlochs groß aufgezogenen “Killerpilz” gewesen, die Ameisen befallen und diese erst via Hormonsteuerung auf Bäume lotsen und sich dort in ihren so weit ausbreiten, dass sie ihre Sporen freisetzen können. Also dachten sich die Naughty Dog-Autoren: “Ui ui ui, was, wenn Menschen davon befallen werden?” Tja, sollten diese tatsächlich als lebendige Leichen vor sich hin vegetieren und kein Heilmittel in Aussicht haben, wäre es womöglich wirklich jenes wilde Amerika, durch das Joel und Ellie streifen. Wild nicht nur wegen der nunmehr rauen Sitten, sondern auch, weil sich die Natur binnen weniger Jahre alles zurückholte, was der Mensch glaubte, erobert zu haben. Die Patina allen Zivilisatorischen haftet den mannigfaltigen Umgebungen an, doch zerstörte Autowracks, kaputte Straßen, verwahrloste Geschäfte und dreckige Wohnräume sind nur noch das Abziehbild des alten Glanzes der United States.

Kaputte Szenerie und gewohnter Spielspaß

Und so macht es tatsächlich Freude, sich diesem Szenario hinzugeben, in dieses einzutauchen – wären da nicht diese fiesen kleinen Schnitzer, die euch jedes Mal aus dem reizvollen Albtraum herausreißen. Mal sind es Schleichpassagen, in denen mich eine Wache auch drei Meter vor ihrer Nase nicht entdeckt, mal ist es Ellie, die in eben einem solchen Schleichmoment lautstark Zweizeiler zum Besten gibt (und von den Gegnern kurioserweise nicht gehört wird). Dann sind es strunzdoofe KI-Entscheidungen, eine sichere Deckung zu verlassen und sich zum Abschuss freizugeben – oder teils unlogisch implementierte Rätsel.

Dass ich “The Last of Us” trotzdem weiterspielte, lag vor allem an den Zwischensequenzen. Ich genoss bislang jede Minute dieser Filmchen, füllte mich wie der Zuschauer einer Serie, die mir zwar vollends vertraut schien, aber doch Lust auf mehr weckte. Durchgespielt habe ich “The Last of Us” zwar nicht, bin aber kurz davor und freue mich darauf, im Anschluss den “Left Behind“-DLC zu spielen.

Schön ist "The Last of Us" zweifelsohne - seine PS3-Herkunft sieht man dem Spiel aber an. (Bild: Polygamia)

Schön ist “The Last of Us” zweifelsohne – seine PS3-Herkunft sieht man dem Spiel aber an. (Bild: Polygamia)

Dem Hype gerecht wird “The Last of Us” meiner Meinung nach nicht. Zu sehr erinnert mich alles an ein perfektioniertes “Uncharted” ohne Mut zum Risiko, zu oft ahne ich schon, was mich hinter der nächsten Ecke erwartet. Könnte ich mich als Kunde zwischen der PS3- oder PS4-Version entscheiden, würde ich jene nehmen, die auf dem von mir bevorzugten System läuft. Auf der PlayStation 4 mag hier und da an den Stellschrauben des PS3-Originals gedreht worden sein, auffallen tut dies abseits der höheren Auflösung und stabilen Framerate (wahlweise 30 oder 60 fps) nicht. Viele Objekte, Effekte, selbst die Blutlachen verschleiern nicht ihre Herkunft, im Vergleich zu Grafikkrachern á la “Killzone: Shadow Fall” (ein Fall von Style over Substance) wirkt “The Last of Us” doch eine ganze Ecke schmuck- und glanzloser, polygonärmer, und die Texturen sind niedrig aufgelöst. Ein Kaufargument für die PlayStation 4 oder die Demonstration ihrer Grafikfähigkeiten ist “The Last of Us” nicht.

Aber ein gutes Spiel, das die Zeit vertreibt. Immerhin.

P.S.: Ein großes Kompliment geht nicht nur an die englischsprachigen Schauspieler Troy Baker und Ashley Johnson, sondern auch an die deutschen Stimmen. Deren Arbeit ist – mit Ausnahme einiger Nebencharaktere – eine absolute Ausnahmeleistung.

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14 comments on “The Last of Us auf PS4: Klassisches Kann-man-haben-muss-man-aber-nicht

  1. oha jetzt muss ich mich zurückhalten als last of us fangirl :D

  2. Klassischer klickbait. Nichts als trolling

  3. tag team action!

  4. Naja, der haken ist ja schon dass es dem Autor komplett vorbei gegangen ist. Dann ist auch klar, dass es ihm nicht so gefällt, wie Millionen anderen. ^^
    Die Story als vollkommen vorhersehbar zu sehen, kann ich jetzt nicht so nachempfinden. Gab schon einige Überraschungen und grandiose Momente. Das Passagen an Filme erinnert, ist logisch. Das Genre neu zu erfinden, wollen zwar vielleicht immer gerne etwas zu schnell gelangweilte Redakteure aber nicht die Masse an Spielern. Da gibt es (leider) häufig ein paar Unterschiede. ;)
    Dafür gab es ja schon ein paar unique Dinge mit den Feinden.
    Dass es jetzt kein Bioshock ist mit ganz vielen skurillen (und damals) neuen Ideen , das stimmt natürlich. Will man aber glaub ich auch nicht sein.

    Und die Fehler von Ellie sind Kompromisse, die man eigentlich gar nicht anders regeln kann. Alle würden sich aufregen, wen ihre Kommentare Wachen anlocken. Und darauf verzichten ist auch Schade. Sie hätte höchstens das “Krass” flüstern können.Naja. :D

    Vielleicht mag der Autor aber später noch das DLC hinzufügen, bin mal gespannt wie er es findet. Hat sich meiner nach gelohnt, auch wenns etwas kurz ist.

    • jepp das möchte ich dann auch wissen. da passen die im text angesprochenen kritikpunkte eigentlich alle nicht mehr…

    • Ich kann Dir in vielen Punkten zustimmen, weswegen ich auch gerade mit vielen Kritikpunkten meines Kollegen Daniels eben nicht ganz klar komme. Die KI in “Last of Us” ist bei weitem nicht perfekt, nur frage ich mich immer: Welche KI ist das schon? Und wollen wir das überhaupt? Klar sind das “Aussetzer”, die Daniel beschreibt, aber gerade das mit den Dialogen lenkt mich überhaupt nicht vom Spiel ab. Es gibt in “Last of Us” ein paar Spielen, wo die KI wirklich nervt, und zwar wenn sie mir meine Deckung und somit mein Anschleichversuch kaputt macht. Aber das ist kein Fehler, den “Last of Us” exklusiv gepachtet hat. Und diese Aussetzer sind so gering, dass sie für mich kaum ins Gewicht fallen.

      Natürlich hat die Geschichte auch was vorhersehbares, was aber nichts daran ändert, dass sie hervorragend erzählt und inszeniert ist. Selbst die Kritik am Gameplay kann ich nur schwerlich nachvollziehen, zumal hier die Action im Gegensatz zum in dieser Hinsicht oft gescholtenen “Uncharted” eben durchaus zurückgefahren wurde.

      Ich glaube, wer sich so viel mit Spielen in den letzten Jahrzehnten beschäftigt hat wie wir, der verliert manchmal auch das Verständnis dafür, was denn so bahnbrechend Neues kommen muss, damit wir mal wieder zufriedenzustellen sind. Ein “Bioshock Infinite” hat an allen Ecken und Enden neue Wege ausprobiert – der Presse war es aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass es nicht mehr als ein Shooter ist. “Dishonored” hat ein derart gut umgesetztes, nicht-lineares Gameplay umgesetzt – und wir haben uns über die Kürze des Spiels aufgeregt. “Last of Us” zeigt uns, wie packend eine Geschichte mittlerweile erzählt werden kann und wie gut Charaktere ausgearbeitet werden können – und wir mäkeln daran rum, dass es letztendlich nichts Neues bietet.

      Vielleicht sollten wir erst einmal unsere eigene Erwartungshaltung hinterfragen? Was wollen wir denn eigentlich wirklich von einem Spiel???

      • erfahren Sie mehr dazu, demnächst in unserem Podcast.

        ;)

  5. Ich hab’s jetzt durchgespielt auf der PS3 und muss sagen, dass es wirklich ein bemerkenswert gut inszeniertes und erzähltes Spiel ist. “Bioshock Infinite” kann es in meiner Gunst nicht ganz schlagen, weil Colombia einfach stilistisch noch mehr drauf hat. Dafür schafft Naughty Dog einen Detailgrad in der Weltendarstellung, den man der ollen PS3 wirklich nicht mehr zugetraut hätte.

    Das Ende finde ich klasse, da es viele Fragen offen lässt, ohne aber einen echten Cliffhanger zu produzieren. Ich brauche keinen Nachfolger, ich brauche auch keinen Antworten mehr. Vielmehr kann ich noch lange über das Ende nachdenken und mir ausmalen, wie es möglicherweise weitergehen würde.

    Echte Kritikpunkte am Spiel sind für mich lediglich einige bockharte Stellen, in denen dann auch noch die Speicherpunkte ungewöhnlich lang gesetzt sind, und die bereits angesprochenen Probleme mit der KI, insbesondere das Hängenbleiben von Begleitern oder ein etwas wirres Verhalten der menschlichen Gegner (die Infizierten sind ohnehin wirr, weswegen das nicht auffällt).

    Ansonsten bereitet Naughty Dog Sony einmal mehr ein weiteres, bombastisches Geschenk – und “Left Behind” ist auch schon runtergeladen und angefangen. Kann mich doch sehr schwer von Ellie und Konsorten trennen.

  6. Eine weitere andere blick auf das spiel die ich sehr interessant finde:
    http://almrausch.wordpress.com/2013/09/03/videospiel-kritik-the-last-of-us-2013/