Kingsman – The Secret Service: Kick-Ass mit Spionen

13. März 2015

Mit “Kingsman – The Secret Service” kehrt ein vermeintliches Dreamteam zurück. Regisseur Matthew Vaughn inszeniert nach “Kick-Ass” eine weitere Graphic Novel von Mark Millar für die große Leinwand. Nahmen die beiden in ihrem erfolgreichen Debüt noch Superhelden aufs Korn, so muss diesmal die Welt der Geheimdienste daran glauben. Der etwas andere Bond.

“Kingsman” erzählt von dem jungen Gary “Eggsy” Unwin (Taron Egerton), der in einer heruntergekommenen Sozialbau-Siedlung in London lebt. Seine Mutter wird von ihrem Freund ständig verprügelt. Eggsy muss meist tatenlos zusehen. Zufällig erregt er das Interesse des Geheimagenten Harry Hart (Colin Firth). Er ist ein Mitglied der geheimnisvollen “Kingsmen”, die in Anlehnung an König Artus Tafelrunde auf der ganzen Welt für Recht und Ordnung sorgen, vollkommen unabhängig und mit den neuesten technischen Spielereien ausgestattet. Colin meint, dass in Eggsy mehr steckt, als nur ein wütender Junge aus dem Ghetto und lässt ihn zum “Kingsman” ausbilden. Gleichzeitig heckt der schräge Internet-Milliardär Valentine (Samuel L. Jackson) einen fiesen Plan aus, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Diese Bedrohung wird für Eggsy zu seiner ersten großen Herausforderung.

Es war einmal eine Graphic Novel …

“Kingsman” beruht auf der Graphic Novel “Secret Service” von Mark Millar, Dave Gibbons (“Watchmen”) und Matthew Vaughn. Allerdings hat der Film mit der Vorlage nur wenig zu tun. So existiert im Original keine Geheimorganisation namens “Kingsman”. Stattdessen sind Hart & Co. ganz “normale” Geheimagenten, die sich mit Budgetkürzungen herumschlagen müssen (was dem ein oder anderen Agenten zum Verhängnis wird). Außerdem ist Eggsy mit seinem Mentor verwandt und der Bösewicht ein weißer Bill Gates-Verschnitt und kein durchgeknallter afroamerikanischer Möchtegern-Hipster. Zudem verzichten die Filmemacher auf eine nette, nerdige Idee der Vorlage: Dort entführt der Bösewicht nämlich zahlreiche Filmgrößen, wie etwa Mark Hamill alias Luke Skywalker, um seinen Plan zu verwirklichen. Letztendlich ist nur das Genre gleich geblieben: eine derbe Actionkomödie im Agentenmilieu.

Superagent Hart (Colin Firth) und Schützling Eggsy (Talon Egerton) im Man Cave 2.0. (Bild: Fox)

Superagent Hart (Colin Firth) und Schützling Eggsy (Talon Egerton) im Man Cave 2.0. (Bild: Fox)

Der Film ist neben Newcomer Egerton prominent besetzt. Oscar-Preisträger Colin Firth (“King’s Speech”) in einer seiner wenigen Actionrollen, Samuel L. Jackson als lispelnder Bösewicht, sowie in Nebenrollen Michael Caine als Chef der “Kingsmen” und Mark Strong als Gadgets-Guru, der Eggsy mit den neuesten technischen Spielereien versorgt. Die meiste Aufmerksamkeit wird aber die bis dato unbekannte Sofia Boutelle erregen, die mit ihren messerscharfen Beinprothesen die engste Vertraute des verrückten Valentine ist.

Dazu bietet Vaughn formal betrachtet einige der besten Actionszenen der letzten Jahre. Besonders die ersten paar Minuten werden euch vom Hocker hauen. Ähnlich wie in “Kick-Ass” setzt der Regisseur auf durchchoreografierte Zeitlupensequenzen, die in ihrer expliziten Gewaltdarstellung typisch für den Regisseur sind. Konsequenterweise ist deshalb ein Massaker in einer Kirche der vermeintliche Höhepunkt des Films. Wer so etwas mag, ist hier genau richtig. Das große Kinopublikum scheint den Film auch zu mögen, denn bisher hat der Film über 250 Millionen Dollar eingespielt. Und eine Fortsetzung ist so gut wie sicher.

Respektlos daneben

Diabolisch, reich und ziemlich durchgeknallt: Samuel L. Jackson als Internet-Milliardär Valentine. (Bild: Fox)

Diabolisch, reich und ziemlich durchgeknallt: Samuel L. Jackson als Internet-Milliardär Valentine. (Bild: Fox)

Ich habe mit “Kingsman” das gleiche Problem wie damals mit “Kick-Ass”: beide wären gerne dreckige Satiren. Unangepasste Punkmusik zum Zuschauen. Doch stattdessen läuft hier aalglatte MTV-Massenware in der Schleife. Zwar spielt der Film mit düsteren und brisanten Themen, doch Regisseur ist weder an den Figuren noch an dem sozialen Hintergrund interessiert, sondern nur an Klischees. Alles ist hier auf Coolness getrimmt und gipfelt mit einem Analsex-Witz in einer der dümmsten Schlusspointen der jüngeren Filmgeschichte. Soll halt alles abgefahren sein: Beinprothesen als Killerinstrument, Kopfschüsse und Amokläufe. Alles witzig. Irgendwie.

Nur einmal gelingt dem Film der Ausbruch aus dieser forcierten Coolness. Wenn am Ende fröhlich die Köpfe platzen und sich daraus ein buntes Feuerwerk ergibt, ist der Film endlich da angekommen, wo er vielleicht gerne schon immer sein wollte. In der absurden Parodie auf Genreklischees, Gewaltexzesse und Erwartungshaltungen.

Vaughn und seiner Drehbuchautorin Jane Goldman muss ich zugestehen, dass die Vorlage nicht unbedingt die Krönung ihres Genres ist. Zu vorhersehbar und zu einfallslos inszenieren Millar, Gibbons und Vaughn ihre Agentenstory. Warum im Film ausgerechnet die nerdige Idee mit den entführten Filmgrößen fehlt, will mir dennoch nicht einleuchten. “Kingsman” mag unterhalten und visuell beeindrucken, aber es ist ein sehr oberflächliches Vergnügen. Laut, schnell und blutig.

“Kingsman – The Secret Service” von 20th Cenury Fox läuft seit dem 12. März 2015 in deutschen Kinos.

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