Die Yerli-Brüder sind so etwas wie die Vorzeige-Azubis der Spielebranche. Mit ihre Firma Crytek machen sie teure und ambitionierte Shooter, und ihr Selbstbewusstsein ist fast in jedem Interview herauszuhören. Die Zukunft der Spielezunft liegt also in Frankfurt am Main? Mitnichten, denn trotz Anspruch, Technik und Effekten fehlen Crysis &Co vor allem zwei Dinge: ein Herz und eine Seele.
Das erste Crysis ist eine Rube-Goldberg-Maschine der Shooterwelt und bietet große Vielfalt für ein inhaltliches Nichts. Ein Elitekrieger zieht gegen Aliens in den Krieg und auf dem Papier bietet das alles, was ein Shooterherz begehrt: Action, Open-world und Taktik. Praktisch sieht es aber anders aus, denn egal ob sich unser Held von vorne, hinten oder von der Flanke mit Superpanzerung oder Supertarnung anschleicht, ist das Spielziel gleich: Basis infiltrieren, irgendwo etwas in die Luft jagen oder eine der zwei bis drei 08/15-Missionen erledigen, die Crytek in ihrer Datenbank gespeichert hat. Bitte nicht falsch verstehen – im Vergleich zu spielerischen Ohnmachts-Shootern wie Black Ops ist das relativ offene Spielprinzip von Crysis eine Wohltat. Kaum Schlauchlevel, clevere Gegner und fordernde Kämpfe machen aus dem Spiel ein Unikat in der Mohrhuhn-Shooter-Welt von heute. Aber: Crytek hat das Nanosuit-Abenteuer furchtbar dröge inszeniert. Cutscenes zum Vergessen, langweilige Setpieces und die Story? Böse Koreaner, böse Aliens und ich bin die einzige Hoffnung der Menschheit. Alles schon 1000 Mal gespielt. Und mein Alter Ego Nomad ist mir so egal wie der nächste Gewinner von DSDS. Daran ändert die beeindruckende Grafik auch nichts, die selbst aktuelle Rechner zum Schwitzen bringt.
Beim Nachfolger stellt sich für mich die Frage, ob die Frankfurter aus ihren Fehlern gelernt haben. Ich gehöre nicht zu den Spielern, die beim Ballern das Gehirn abgeben. Das mag etwas verträumt erscheinen, aber es heißt doch Triple-A, oder? Ein Top-Produkt in allen Belangen, egal ob Produktion, Technik und Inhalt? Schau’n wir mal, was geboten wird:
New York in Schutt und Asche, Marine wird in den Nanosuit gezwängt und Prophet (ein Typ aus dem ersten Teil) gibt sich die Kugel. Das hat schon mal mehr Tempo und Emotionen als der Vorgänger, aber dabei bleibt es erst einmal. Wieder muss ich viel zu lange gegen austauschbare Soldaten kämpfen, deren KI selbst von Tribbles getoppt wird. Lustig: Die “taktischen Optionen” sollen mir meine zahlreichen Möglichkeiten beim Überwinden des Gegners zeigen, aber was bleibt in Erinnerung? Dass ich an einer Munitionskiste meine Waffen nachladen kann. Da wäre ich echt nicht drauf gekommen. Aber ich will nicht zynisch werden, denn wenn man die Hälfte des Spiels überstanden hat, legt “Crysis 2” enorm zu. Die Flucht aus New York ist temporeich und tatsächlich gibt es so etwas wie “Taktische Tiefe”: Auf der einen Flanke einen Scheinangriff wagen und schnell die Seiten wechseln – ok, das ist nicht gerade Schach, aber welcher Shooter bietet so etwas heute noch? In solchen Momenten ist das Spieldesign erfrischend retro. Danke, Crytek.
Dann gibt es aber die andere Seite. Wenn das Spiel protzen will und Häuser einstürzen, ohne dass ich etwas dafür kann. Bedeutet Action nicht auch mitten im Geschehen zu sein, selbst Hand anzulegen, den Unterschied zu machen? In “Crysis 2” bin ich oft Zuschauer, auch weil Crytek das Spiel etwas zu sehr auf “CoD” getrimmt hat. Und das heißt vor allem: einfach mal auf bedeutungsschwer machen. Am deutlichsten wird es im Finale: Da erhebt sich der ganze Central Park in die Luft und der nette Kollege von der Armee schickt mich auf ein Himmelfahrtskommando gegen Unmengen von Aliens. Und was mach ich? Tarnmodus an und weg mit dem Alien-Müll.
So fühlt es sich das ganze Spiel an: Crytek hat die Leute, die Technik und die Erinnerung an großes Kino, das sie irgendwann einmal gesehen haben. Aber sie wissen nichts damit anzufangen.
Was mich aber so richtig ärgert, ist die Art und Weise, wie mit der Hauptfigur umgegangen wird. Er ist eine lebende Leiche in einem Hightechanzug, und was hätte ein halbwegs talentierter Geschichtenerzähler damit machen können? Haben die nicht Robocop gesehen? Sicher, genauso wie sie “Escape from New York” oder “Cloverfield” kennen und “Half Life 2” gespielt haben, aber haben sie es auch verstanden? In “Robocop” gibt es natürlich einen Haufen Krach und Action, aber im Kern ist es eine tragische Geschichte eines Mannes, der alles verloren hat und sein privates Glück für das Wohl der Allgemeinheit opfert, quasi so als ob John Ford eine Endzeitsatire gedreht hätte. Crytek ist das alles aber egal. Es gibt ein paar mitleidige Blicke für ihn und am Ende folgt eine bedeutungschwere Wiedergeburt, die niemand kapiert. Dann ist sowieso alles egal. Die Macher treten ihren Helden mit Füßen und dabei sollte doch jeder Drehbuchlehrling wissen, dass er seine Figuren bis zum Schluss ernst nehmen muss.
Am Ende bleibt bei mir von “Crysis 2” ein zwiespältiger Eindruck. Auf der einen Seite ist das eigentliche Spiel erfrischend anders, als solche Standardshooter wie “Homefront”, und teilweise sogar knackig schwer (kein F5). Auf der anderen Seite gehen die Macher mit dem Potenzial der Geschichte und des Szenarios sehr fahrlässig um. So gilt das, was für jeden Lehrling gilt, der eigentlich alles kann, aber bei der Meisterprüfung versagt: gewollt, aber nicht gekonnt.
Also für mich ist Crysis 2 echt ein Shooter zum Vergessen. Während des Spielens wollte ich natürlich wissen, wie es weitergeht und hatte ebenfalls die Hoffnung, dass die Story noch die Kurve bekommt. Leider nicht; das Spiel werde ich wohl nie wieder spielen.
Ich unterteile die Spielschmieden gerne in 3 Klassen:
– können sehr gute Storys schreiben, aber mit der Technik hapert es,
– können sehr gute Grafiken bieten, aber die Story (wenn vorhanden) taugt nichts,
– können sehr gute Storys schreiben und das mit guter Technik sauber inszenieren.
Da zähle ich Crytek leider zu den Studios mit guter Grafik aber null Gespür für die Erzählung.
Bei Kane & Lynch z.B. habe ich es mehrmals durchgespielt, trotz schlechter (hm naja sagen wir mal nicht-so-toller-) Technik. Über die Story lässt sich natürlich streiten…..oder Portal 2; da ist Grafik alleine nicht entscheidend.
Was ich auch schlicht unverzeilich finde: warum wurde die neue Engine bezüglich Open-world und Physik derart beschnitten??? Ich kann Autos durch die Gegend kicken, aber eine Holzkiste ist von Sprengstoff völlig unbeeindruckt?! Seid wann macht man bei einer Neuentwicklung derartige Rückwärtsschritte? Dazu kommen noch einen Haufen Versprechungen, die nicht eingehalten wurden, wie z.B.: der Editor. Selbst wenn er kommt, ich glaube die meisten interessieren sich nicht mehr dafür…wieder besseres Beispiel: Portal 2; heute Beta für Authoring (Editor-) Tool veröffentlicht!
Etwas lobenswertes gibt es bei Crysis 2 aber doch: die Spieldauer. Die ist weitaus länger als bei CoD und den momentanen Shootern.
Alleine schon von der nicht abreissenden Anzahl von Kommentaren ist es schon ersichtlich, wieviele sich noch wirklich für Crysis 2 interessieren ;)
Bitte verwechsle Interesse nicht mit der Anzahl der Kommentare. Der Artikel war und ist auf unserem Blog enorm erfolgreich. Schau dir nur mal die Facebook-“Likes” an. Das gern gelesene Artikel nicht unbedingt zahlreiche Kommentare haben scheint ein deutsches Blog-Phänomen zu sein. Auf irgendeiner Seite gab es da auch mal eine Diskussion dazu, aber ich weiß leider nicht mehr wo :(
@Sven: Hast du noch den entsprechenden Link?
Also ich persönlich finde Crysis 2 richtig Klasse. Dafür gibt es auch einen ganz simplen, simplen Grund: Es hat mir verdammt viel Spaß gemacht. Ich bin kein Ego-Shooter Fan, ich mag kein CoD, kein Homefront, kein Bioshock, kein Half Life, kein Halo. Die Liste ist fast beliebig weiterzuführen. Diese Spiele sind sicherlich nicht schlecht, im Gegenteil, aber sie können mich einfach nicht begeistern.
Crysis ist der Ego-Shooter, den ich wohl am längsten von allen Shootern gezockt habe und der mir am Meisten Spaß gemacht hat. Genauso verhält es sich mit Crysis 2, ich kann es nicht einmal richtig erklären. Ich streife einfach gerne in etwas größeren Arealen herum, die Nanosuit Kräfte eignen sich perfekt um zu planen, wie ich in verschiedenen Situationen vorgehen will. Ich habe kein Problem mir meinen Spielpaß selber zu “machen”, wenn man mir die Möglichkeit dazu gibt.
Die Story ist natürlich nicht die größte Stärke des Spiels, das steht wohl außer Frage, die Inszenierung passt aber meiner Meinung nach ganz gut.
Wo ich dem Artikel auch recht gebe, ist, dass Crysis 2 mit der Zeit enorm zulegt. Am Anfang war ich auch erst skeptisch, da fand ich es noch nicht so toll, aber je länger ich im Spiel war, desto besser hat es mir gefallen.
Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich auch die Länge der Kampagne, die mit ca. 10 – 12 Stunden sehr ordentlich ausfällt, gerade in Zeiten der CoDs und Homefronts.
Letztendlich kann ich Crytek also das Kompliment machen, dass sie es mit Crysis 2 wieder geschafft haben mich Ego-Shooter Muffel für dieses Genre zu begeistern und das will schon was heißen.
Crysis (2) ist für mich der beste Shooter überhaupt.
Die Story könnte ausgereifter sein, mir sind da auch ein paar Dinge aufgefallen, aber es immerhin eine vorhanden. Bei CoD etc. würde ich nicht von einer Story sprechen.
Ich habe schon viele unterschiedliche Shooter probiert, keiner überzeugt mich wirklich, bis auf Crysis.
Was ich bei jedem neuen Stück im Spiel merke: Das Schlachtfeld wurde mit Liebe erbaut. Der Detailreichtum nicht zu übertreffen, ob kleinste Macken in einem Wasserschlauch, oder Grashalme in den unbefahrenen Rillen eines Hafenkranes
Die grobe Handlung in Crysis 1 hat mir am besten gefallen. Als es ins innere des Alienzeugs ging war ich ziemlich sprachlos. Diese Umgebung, gepart mit der perfekten Grafik ist unglaublich, zumindest zum ersten Mal ;-)
Die länge der Story ist schon fast zu lang :) Als ich die Spiele zum zweiten spielte wusste ich was alles auf mich zu kommt, und das war schwer vorzustellen wenn man denkt man hätte das Spiel schon fast durch.
Ich kann Crysis 1/2 glücklicherweise auf höchster Grafikeinstellung spielen. Wenn sich die Sonne während des Untergangs über die Wälder oder die Stadt legt, wow!
Wir mein Vorredner auch gefällt mir kaum ein anderer Ego-Shooter. Ich brauche eine Story. Das gibt einem zum Schluss auch das Gefühl: Geschafft! :-)
Dieses Spiel ist einfach etwas besonderes, was sich von allem abhebt.
Danke Crytek für dieses wundervolle Spiel!
Die Vorstellung vom Yerli Oberbefehlshaber Cevat, das Spiele sollte sich so gut wie BlackOps verkaufen empfanden viele als “etwas” übertrieben.
Ich glaube aber er hat da garnicht soweit gefehlt.
Ich kenne wirklich sehr viele die Crysis kennen, die wissen das es gut sein soll, aber es trotzdem noch nie getestet haben.
Mir ging es genauso. Ich habe es mir nur gekauft um meine neue Graka auszureizen *g* Als ich es durch hatte, war sofort der erste Teil und sein kleiner Nachfolger “Warhead” im Warenkorb.
Den Mulitplayer finde ich auch unübertroffen. Den Spiele ich seit Monaten und es wird nicht langweilig. Wenn man mal Leute hat mit denen man gut im Team spielt, macht es zudem noch deutlich mehr Spaß.
Man müsste einfach mehr Werbung machen. BlackOps ist das bestverkaufte Spiel, es wurde aber auch ohne Ende dafür geworben. Auf fast jeder erdenklichen Gamingseite und sogar im Fernsehen wurde stark für das Game geworben. Auf Crysis 2 bin ich nur wegen der Grafik gestoßen. Kein Fernsehen, keine riesigen Werbebanner.
Außerdem sahen die meisten Screenshots so aus, als würde ein völliges Sciencefiction Game mit Laserstrahlen etc. angeboten. Darüber habe ich vorerst auch gegrübelt.
Ich glaube Crysis würde jedem zusagen, zumindest besser als die meisten Games.
EA müsste doch wissen wie das geht :x
Ich habe auch erst gezweifelt. Allein schon, weil ich seit vielen Jahren keine Egoshooter mehr spiele. Früher am PC schon mal. Aber an der PS3 bisher nicht. Mit dem richtigen Einstellungen am TV – Sony Wireless 7.1 Surround Stereo Headset auf, was im übrigen sehr gute Arbeit leistet – läuft man geradewegs zwar in eine etwas flache Story, aber in eine echte Grafikbombe. Das was Crytek da programmiert hat, ist aller erste Sahne. Das ist absolute Referenz auf der Playstation 3. Finde ich. Auch was die Steuerung bzw. das Gameplay angeht. Super genau und Butter weich. Für mich, das beste was ich bisher gespielt habe auf der PS3. Klar, hier und da laufen einige KI’s gegen Wände. Ein wenig nervt auch die Ansage des Anzugs. Aber wenn man einfach einmal stehen bleibt, sich umschaut und dieses Zusammenspiel von Licht, Farben und Schatten sieht, verschlägt es einem dem Atem. Also, ich war an vielen Stellen im Spiel einfach nur geflasht. Zu erwähnen sei noch, das man die Helligkeit/Kontrast hoch genug einstellt, das alle Areale sehr gut ausgeleuchtet sind. So, das man die Nachtsicht nur für das finden von einigen KI’s braucht. Spiele es jetzt zum 2 mal, natürlich auf Superheld. Auch mich hat dieses Spiel wieder für dieses Genre begeistert.
In vielen Bereichen sehr gute Arbeit Crytek. Danke!