Ach Du Scheiße! In 4 1/2 Jahren ist Schluss mit lustig. Sonne kaputt. Erde kaputt. Menschen…kaputt. Tim Fehlbaums „The Road“ hat mich geflasht. Schuld ist nicht nur das grelle Szenario von „Hell“.
„Hell“ ist, reduziert auf die grundlegende Thematik, sicher keine Sensation. Die Welt ist am Ende. Schuld ist die blöde Sonne, die etwas zu viel Hitze gen Globus schickt. Die Folge ist fatal: Grüne Landschaften veröden, Tiere sterben, Menschen hungern. Die Trockenheit hat auch Deutschland heimgesucht. Die letzten Überlebenden suchen nach Möglichkeiten, ihren Fortbestand zu sichern. Obwohl „The Road“ nicht ganz so viele Hintergründe liefert wie „Hell“ – in der Basis sind die Handlungen ähnlich. In Fehlbaums Geschichte kämpfen die Protagonisten ebenfalls für ihre Zukunft, die sie offenbar nicht haben. Eine klassische Endzeit eben, die teils sogar an „Mad Max“ erinnert.
In „Hell“ ist es Marie (Hannah Herzsprung), die mit ihrer jüngeren Schwester Leonie (Lisa Vicari) und ihrem Macker Phillip (Lars Eidinger) die Hoffnung nicht aufgegeben hat. Irgendwo in den Bergen muss es doch noch Wasser und Leben geben!! Die Drei fahren mit ihrem alten Auto umher, das Ziel kennen sie noch nicht. Aber jeder Weg hat bekanntlich ein Ende. Das läutet Tom (Stipe Erceg) ein. Nach dem wenig freundlichen Aufeinandertreffen schließt sich der Unbekannte dem sympathischen Trupp an. Kurze Zeit später überschlagen sich die Ereignisse mit der Entführung von Leonie. Was folgt, ist krass. Sehr sogar. Aber irgendwie nicht ganz so überraschend, vor allem wenn ihr „The Road“ oder gar „Wrong Turn“ kennt.
Diese alles in allem intensive Schauspielkunst kombiniert Tim Fehlbaum mit einer strikten, sehr schnellen Erzählweise. Harte Schnitte, Wackelkamera, beschleunigte Actionszenen. Sie kaschieren nicht nur die fehlende Vielfalt der Schauplätze, sie erzeugen auch gekonnt Spannung. Und halten den Adrenalinpegel weitgehend im grünen Bereich. Hier und da beschlich mich das Gefühl, eine deutsche Light-Variante von „Dawn of the Dead“ (Remake) zu schauen. Ungewöhnlich. Aber ausgesprochen gut! Zombies gibt’s bei „Hell“ übrigens nicht.
Die Zusammenführung von Anspruch und Hochglanz-Präsentation verdeutlicht mir, dass Tim Fehlbaum etwas Großes geschaffen hat. Inhaltlich ist „Hell“ erstaunlich logisch. Ein „Hah! Das ist doch widersprüchlich!“ kam mir oft in den Sinn, um dann einige Minuten später doch zu erkennen, wie clever die Hintergründe erklärt werden. Die Taschenlampenszene mal nicht mit gerechnet. Es mag dem Film an unvorhersehbaren Wendungen und originären Ideen fehlen, aber was der junge Regisseur im Gesamten leistet, haben andere in ihrer kompletten Karriere nicht geschafft: eine stimmige, intelligente und teils sogar deprimierend leidenschaftliche Symbiose aus Tiefgang und Unterhaltung. Da sind die bedrückenden Landstriche nur das Sahnehäubchen auf einem schmackhaften, aber nicht ganz so leicht verdaulichen Kuchen.

Hannah Herzsprung zeigt eindrucksvoll ihre schauspielerischen Leistungen. (Foto: Paramount Pictures Germany)
Tim Fehlbaums Endzeitvision ist eine Empfehlung. Vor allem für diejenigen, die nach wie vor glauben, dass das deutsche Kino nichts anderes außer „Bully“-Nonsens, Til Schweiger-Einfältigkeit, und „Buddenbrooks“-Pseudo-Anspruch zu bieten hat.
Zumindest mir bleiben etliche Szenen von „Hell“ längere Zeit im Gedächtnis. Denke ich an die Autofahrt durch verbrannte Wälder, während Nenas „99 Luftballons“ läuft – mir läuft’s eiskalt den Rücken runter.
Ich hoffe sehr, dass der Film eine frische Richtung für das deutsche Kino vorgibt. Das dürfte gewiss den hiesigen Kinogängern schmecken. Und vielleicht auch dem Publikum in den Staaten…
KLingt wirklich sehr gut. Ist aufm Zettel notiert. Steh eh total auf Endzeit Szenarios, deswegen freue ich mich shcon richtig drauf!
sehr gute und prima erfasste kritik. toller, prägnanter stil.
hab den film auch gesehen und fand ihn sehr authentisch und bedrückend. nur zu empfehlen (für alle die zögern)!