“Call of Juarez: The Cartel” offenbart mir viel. Viel Schlechtes. Und das nicht nur, weil das Spiel übel ist. Wirklich richtig übel! Mir fällt es wieder einmal schwer, einen Anfang und ein Ende zu finden. Denn es gibt einen ganzen Batzen, den ich bemängeln muss.
Die Geschichte ist so attraktiv und intellektuell anspruchsvoll wie Durchfall. Wobei, ich verstehe sie nur in Auszügen, weil es die Entwickler von Techland nicht schafften, diese vernünftig zu erzählen. Da werfen die Protagonisten mit irgendwelchen Namen um sich, suchen nach Kriminellen, wollen ein Drogenkartell aushebeln und so weiter. Spannung? Fehlanzeige. Mir sind die Protagonisten total egal, sie erfüllen ohnehin nur Klischees und versuchen auf lächerliche Art und Weise, einen Faden von den alten Teilen hin zur neu erfundenen Gegenwart zu spannen. Der Unsympath Ben McCall ist ein Nachfahre von Ray und jetzt ein LAPD-Cop. Glaube ich. Und Eddie Guerra trägt eine Barack Obama-Maske. Keine Ahnung, wieso. Hauptsache bescheuert, hm? Das Trio komplettiert Kim Evans, eine knallharte Tussi mit Knackarsch. Sie kämpfen gegen das Verbrechen, wollen böse Buben abknallen und eine Verschwörung aufdecken. Oder was auch immer. Alles Dreck, unwichtig und katastrophal präsentiert.
Krass ist die unfassbar schwache Übersetzung. Die deutsche Sprachausgabe passt häufig nicht zu den Untertiteln – in Kombination verirren sie. Wenn die Entwickler aus einer Schwester plötzlich eine Bekannte und dann eine Nichte machen, verstehe ich zwangsläufig nicht mehr, was mir die dilettantischen Akteure mit ihren schwachsinnigen Kommentaren überhaupt sagen wollten. Peinliche Szenen gibt‘s in rauen Mengen: Steuert ihr Kim durch die 15 Kapitel, gelangt ihr früher oder später in einen Nachtclub, in dem sie hässliche, halbnackte Prostituierte anmachen. Dumm nur, dass die Sprüche ausschließlich für Ben oder Eddie gedacht sind. Dazu kommt, dass jedes noch so banale Ereignis auffällig geskriptet ist, Figuren also so lange sinnlos herumstehen, bis ihr eine gewünschte Aktion vornehmt. Das ist zwar für Spiele typisch, im Fall „The Cartel“ aber grausig inszeniert. Ja, das Spiel ist dramaturgisch beschämend und strotzt dazu vor unfassbar vielen Fehlern. Abgehackte Sprachsamples zum Beispiel. Oder wie wäre es mit einer ungenauen Kollisionsabfrage? Etliche Male bin ich gleich in der einleitenden Mission bei einem Hubschrauberangriff in unsichtbare Löcher gefallen. Wunderbar. Genau das ist es, was ich in den ersten Spielminuten sehen möchte. Außerordentlich lästig sind die visuellen Verschwimmeffekte, die Popups, die widerlichen Animationen, die geklonten Gegner. Der Koop-Modus für drei Teilnehmer reißt nichts heraus, schließlich bleiben die technischen Ungereimtheiten erhalten. Davon abgesehen: Dass „The Cartel“ ursprünglich als Mehrspieler-Shooter vorgesehen war, ist unübersehbar. Billig!
Es ist offensichtlich, dass „The Cartel“ unfertig in den Handel kommen musste. Die Konsequenz nahm Publisher Ubisoft in Kauf. Wohlwissentlich fuhren die Produzenten die Marke „Call of Juarez“ an die Wand. Oder hofft Techland, dass der dumme Spieler in ein paar Jahren vergessen hat, was „The Cartel“ für ein Scheiß war? Einer, der das an sich gute WildWest-Thema auf ekelhafte Art ins Gangster-Milieu des 21. Jahrhunderts katapultierte? Es ist ja eventuell so ein psychologisches Ding: Schlechte (Spiel-)Erfahrungen gewinnen mit der Zeit an positiven Erinnerungen. Eventuell sollte „The Cartel“ der Abschluss der „Call of Juarez“-Marke darstellen? Wenn ja, dann kann ich froh sein, dass mir weiterer Mumpitz bis zu meinem Tod erspart bleibt.
Ich mache mir auch Sorgen. Um Techland. Eigentlich freute ich mich auf „Dead Island“. Ein Zombie-Shooter auf einer frei besuchbaren Urlaubsinsel? Nice! Allerdings bin ich jetzt misstrauisch: Wenn es Techland nicht schafft, für den sagenumwobenen Feinschliff bei der Fortsetzung einer bekannteren Marke zu sorgen, wie soll dann das nächste Projekt mit den Untoten werden, welches womöglich ein Franchise aufbauen soll? Nicht einmal die hauseigene Chrome-Engine, die auch bei „Dead Island“ zum Einsatz kommen dürfte, haben die Programmierer im Griff. Klar, die blutige Schnetzelei mit den bereits verstorbenen Menschen erscheint über DeepSilver und nicht über Ubisoft – nur sorgen die auch für eine ordnungsgemäße Fertigstellung? Ich kann es nur hoffen. Für mich ist aber klar: Mit „Call of Juarez: The Cartel“ hab ich mein Vertrauen an Techland (etwas) verloren. Einige Leute bei Ubisoft sollten sich schämen. Für dieses interaktive Grauen.
Witzig. Als ich mit dem Spielen von „The Cartel“ anfing, dachte ich kurzzeitig: „So doof ist das Ding doch gar nicht.“. Der erste Auftrag erinnerte mich ein wenig an meine eigenen Wandertouren – nur ohne Marijuana-Plantagen im Wald und strohdumme Killer hinter den Bäumen. Der Schock folgte einige Minuten später. Beiläufig erwähnt: Ich denke, die verwendete Engine besitzt viel Potential für schnelle Action und attraktive Schauplätze. Diese hat „The Cartel“ andeutungsweise sogar zu bieten. Obwohl der Verlauf unfassbar linear ist, ein weißer Punkt weist euch schließlich den Weg, existieren abzweigende Wege, die die Größe der Levels andeutet. Was nützt mir das, wenn es eh egal ist und mich der Rest des Spiels zum Würgen brigt? Aber wieso vergeude ich wieder so viele Worte, es genügen bei „The Cartel“ zwei: Pfui Deibel!!
hmm hört sich ja nicht so gut an. War eigentlich immer ein Fan von Call of Juarez. Screenhots und Trailer sahen sehr gut aus, jetzt überleg ich mir das noch mal ob ich mir das Spiel kauf :)
danke für den Artikel
gruß sabi
vielleicht hat der ja eine maske auf, weil der nicht erkannt werden will.
– man kann sich ja am anfang auswählen, wen man spielen mag. ich habe den herrn mit der maske genommen und der bekommt immer anrufe von dealern und buchmachern. er macht also krumme geschäfte nebenbei. und ausserdem sind die da sozusagen “undercover”.
also ich find das spiel echt geil! und wie kann man denn diese einfache story nicht kapieren?? also echt