Lieber Herr Menendez!

30. November 2012

Lieber Herr Menendez!

Ich kapiere es einfach nicht. Was wollen sie eigentlich? Erst machen sie ganz dick auf Gangsterboss (oder politischer Aktivist), dann nehmen Sie dem kleinen David den Vater weg, lassen aber den Mörder ihrer Schwester leben. Warum soll denn der Junge mit Ihnen leiden? Sein ganzes Leben lang? Und warum die Präsidentin? Am Ende wandeln sie sich dann zu einer Art Anti-Kapitalismus-Messias und hetzen Killerdrohnen auf die Menschheit. Fluch der Technik, Fantasia und so – ich weiß. Aber warum legen sie den alten Frank trotzdem um? Was passiert denn nun in einem Jahr? Und wieso spielen Sie Gitarre in einer Rockband? Sie sind mir ein Rätsel, Raul.

Als Navy S.E.A.L bin ja schon einiges gewohnt. Ich bin mit meinen Jungs schon überall gewesen. Ging aber immer zackzack, und von der Gegend hab ich eh nie etwas mitbekommen. Dafür hat’s ordentlich geknallt. Für Sehenswürdigkeiten hatte ich da sowieso keine Zeit. Bin halt einfach gestrickt, Taktik ist nicht mein Ding und ich spiele gerne mit Waffen. Was die über mir entscheiden, ist mir schnuppe. Ich will die Sau rauslassen.

Die Jagd nach Ihnen war im Vergleich aber eher langweilig. Klar, ich durfte mit geilen Waffen hantieren, die durch Wände schießen konnten, die Zielhilfe am Ende war praktisch und die Gegner waren so gefährlich wie Moorhühner. Ich mag das. Aber so im Gesamtpaket war’s doch eher mau. Alles schon mal gesehen und so. Dann musste ich mich auch noch kreuz und quer über das Schlachtfeld kämpfen! Ich bin das doch nicht gewohnt! “Ab durch die Mitte”, lautet mein Motto. Ist vielleicht nicht ihre Schuld. Meine Vorgesetzten spinnen sowieso. Da sollte ich doch tatsächlich Drohnen befehligen und wasweißichnichtalles. Ganz schlimm: meine Kumpels über das Schlachtfeld jagen und Geschütze steuern. Kennen Sie das Computerspiel “Stormrise”. Nein? Googlen Sie mal. Das war genauso bescheuert.

Aber eines muss ich Ihnen lassen: Am Schluss haben Sie ordentlich zugelegt. Ganz Los Angeles in Schutt und Asche! Wow! Da war ich in meinem Element – und deshalb liebe ich meinen Beruf. Überall um mich herum hat es gekracht, Straßen sind eingestürzt und ich durfte sogar die Präsidentin beschützen. Passiert mir auch nicht alle Tage. Wenn da nur nicht diese elende Tristesse vor diesem Finale gewesen wäre.

Probleme haben Sie…

Ich habe auch etwas Mitleid mit Ihnen bekommen. Sie haben ja echt Pech gehabt mit Ihrer Schwester. Wer kann Ihnen diesen Rachefeldzug eigentlich übel nehmen? In einem anderen Leben wären wir vielleicht sogar Freunde geworden. Ich hätte nämlich gerne mehr über Sie erfahren. Einfach Ihnen über die Schulter blicken, wenn Sie Amok laufen, reicht mir da nicht. Da haben Sie es sich etwas zu leicht gemacht, um bei mir Mitleid zu erregen. Mal ehrlich, wenn jemand Ihre Geschichte verfilmen würde, dürfte mich “Menendez” als Psychothriller mehr interessieren, als diese missglückte Haudrauf-Action mit Wohnzimmerpsychologie. In meinen Augen steckt in Ihnen ein ganz großer, böser Junge. Nur halt nicht so.

Wie dem auch sei. Es ist vorbei und ich werde langsam zu alt für diesen Job. Vielleicht gehe ich lieber in Rente, als mir so ein Abenteuer noch einmal anzutun.

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Müller

P.S.: Hoffentlich erreicht Sie dieser Brief noch rechtzeitig.

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One comment on “Lieber Herr Menendez!

  1. “Es ist vorbei und ich werde langsam zu alt für diesen Job. Vielleicht gehe ich lieber in Rente, als mir so ein Abenteuer noch einmal anzutun.”

    Das, lieber Andreas, denke ich mir in letzter Zeit auch immer oefter. Wie gut, dass Du Dich noch mal auf die Jagd begeben hast, weil dann brauch ich nur noch zu lesen, ohne meine mueden Knochen auch in die hirnlose Schlacht werfen zu muessen.

    Wenn ich Dir aehnlich selbstlos auch noch mal was abnehmen kann, sag’ mir bitte Bescheid! Ansonsten hoffe ich, dass Du doch noch genuegend lohnenswerte virtuelle Episoden findest, um Dich wieder aufrappeln zu koennen. Wenn nicht, geniesse in vollen Zuegen Deinen Ruhestand… :-)