South Park – The Stick of Truth: Nicht mehr als ein bisschen Fanservice

26. April 2014

Es ist schade, es ist traurig, es ist eine Enttäuschung. Dabei fing alles bei “South Park: The Stick of Truth” so gut an.

Enttäuschung #1

Der Einstieg ins Spiel erfolgt schnell und einfach. Ihr kommt als the new kid in South Park an und trefft auf eurem ersten Gang vor die Tür auf Butters. Der kämpft gerade als Menschenpaladin gegen einen Elfenkrieger. Als ihr ihm helft, bekommt ihr direkt seine Freundschaft (auf Facebook) und werdet zum wizard king geführt: Eric Cartman. Die Story entspinnt sich dann ganz in der Tradition von Fantasy-Rollenspielen über mehrere Kapitel. Getrennt werden diese durch die Schlafenszeit, ausgerufen durch die Eltern. Bis der erste Tag zu Ende geht, habt ihr schon einige Stunden Spielzeit hinter euch. Ihr habt Haupt- und Nebenquests erledigt, Kämpfe gekämpft und Fürze gefurzt. Soweit, so gut. Das Problem dabei: Genauso geht es die nächsten „Tage“ respektive 20 bis 30 Spielstunden weiter. Das ist meine Enttäuschung Nummer Eins.

Wie ein wilder Stier - Die Kämpfe sind simpel und schnell dröge. (Foto: Ubisoft)

Wie ein wilder Stier – Die Kämpfe sind simpel und schnell dröge. (Foto: Ubisoft)

Bezogen aufs Spielprinzip habt ihr nach drei, vier Stunden schon alles gesehen und erlebt. Die Auseinandersetzungen laufen immer gleich ab: Rundenbasiert habt ihr die Auswahl zwischen Fern- oder Nahkampf, Machtattacke, Magie (=Furzen) oder das Benutzen von Gegenständen. Im Verlauf könnt ihr noch Spezial-Charaktere beschwören (zum Beispiel Jesus mit einer MG oder den City Wok-Besitzer als Samurai). Im Nahkampf habt ihr die Möglichkeit, zwischen einer starken Attacke oder zwei bis drei schwächeren Angriffen. Neue Machtattacken gibt’s über Stufenaufstiege. Am Ende hatte ich fünf zur Verfügung, genutzt habe ich maximal zwei. Hinzu kommt noch der Begleitcharakter, der über normale Angriffe, Macht- und Spezialattacken verfügt. Jedoch hat habt ihr hier nicht die Wahl zwischen Nah- und Fernkampf. Das ist unpraktisch, da viele Gegner eine automatische Konter-Haltung für den jeweiligen Angriff besitzen. Auch die verschiedenen Begleiter schaltet ihr nach und nach frei.

Ich persönlich habe immer mit Stan oder Butters gespielt, denn die anderen waren mir entweder zu schwach oder zu doof. Das simple Knöpfchendrücken in den Schlachten gerät schnell zum Abspulen immer gleicher Muster mit immer gleichen Animationen. Die Kämpfe sind alles andere als schwer und ziehen oft nur durch den langen Lebensbalken der Gegner in die Länge. Die Feinde besitzen zwar unterschiedliche Schwächen (Nazi-Zombies sind anfällig gegen Butters Heiligschaden), aber diese könnt ihr völlig außer Acht lassen und trotzdem stets gewinnen. Die Charakterklassen Krieger, Magier, Dieb und Jude/Paladin ändern daran wenig, lediglich die Machtangriffe unterscheiden sich. Im Prinzip ist es völlig egal, für welche Klasse ihr euch zu Beginn entscheidet. Das Spiel wird nicht leichter oder schwieriger, und erst recht nicht interessanter.

Charakterklassenauswahl

Krieger, Magier, Dieb oder Jude – es ist egal, es macht keinen Unterschied. (Foto: Ubisoft)

Der Fluch der langen Spieldauer und des kurzen Spielspaßes

Das bei RPGs mittlerweile unabdingbare Looten und Leveln wurde dermaßen heruntergebrochen, dass ihr pro Level eigentlich nur eine Waffe und ein Ausrüstungsset verwenden könnt. Ihr findet auch in einem Szenario nur eine passende Waffe für jede Klasse. Selbst die Boni auf Mana, Macht oder Leben sind minimal und vernachlässigbar. Gleiches gilt für die Waffen- und Rüstungsmodifizierungen. Auf der anderen Seite verzichten die Entwickler nicht auf jede Menge nutzlosen Kram, der nur zum Verkaufen da ist. Geld brauchte ich dummerweise eigentlich nie. Die Ausrüstungsgegenstände, die ich gefunden oder nach Kämpfen bekommen habe, waren immer besser als die käuflichen. Und Verbrauchsgegenstände zum Auffüllen von Leben, Macht und Mana oder um Buffs zu erhalten oder zu entfernen gab’s ohnehin in rauen Mengen in der Spielwelt.

Weiterhin ist die Größe des zu erkundenden Gebiets ein schlechter Witz. Die Stadt ist so klein, dass das Schnellreisesystem (Timmy) ad absurdum geführt wird. Oft seid ihr schneller manuell gelaufen, als die Ladezeiten der Schnellreise dauern. Umgeben wird der Ort von einem Waldlabyrinth, welches euch immer wieder zum Ausgangspunkt zurückbringt. Erst mit der Zeit könnt ihr es bezwingen, um nach Kanada zu gelangen. Dort wiederum erwarten euch drei Städte, die auf einen Bildschirm passen. Neben der Hauptquest gibt es hier sage und schreibe EINE Nebenquest! Dungeons existieren im ganzen Spiel übrigens genau fünf. Dass ihr in ihnen keine Karte besitzt, ist nicht weiter schlimm, denn sie sind absolut linear.

Die generell spärlichen Nebenquests beschränken sich auf simpelste „Bring X von A nach B“ und „Besiege Y“ Aufgaben. Beispielsweise erhaltet ihr von Pfarrer Maxi die Aufgabe „Finde Jesus“. Das Questlog verrät euch direkt, wo ihr Jesus aufspüren könnt: In der Kirche. Dort „versteckt“ sich Jesus zunächst zwischen den Kirchenbänken. Habt ihr ihn dort gefunden, sollt ihr ihn erneut suchen. Dieses Mal müsst ihr in der Kirche zwei Lichtstrahler auf dem Altar in die Mitte richten und dann den Hauptschalter (direkt daneben) ausschalten. Als Belohnung dürft ihr Jesus fortan einmal am Tag im Kampf beschwören. Wahnsinn, diese Herausforderung, dieser inhaltliche Mehrwert! Hier kommen wir zu Enttäuschung Nummer Zwei.

Cartmans Reich

So klein wie Cartmans Reich kommt einem die Größe des spielbaren Gebiets vor. Winzig. Foto: Ubisoft.

Alles schon gesehen, über jeden Witz längst gelacht

Inhaltlich verfügt “South Park: The Stick of Truth” absolut nichts Neues. Unverkennbar richtet es sich in erster Linie an die Fans der Serie. Leider ist es genau deswegen ernüchternd, denn es ist von vorne bis hinten lediglich ein Best-Of bereits gesehener Folgen, Charaktere und Schauplätze. Klar, für eine Minute ist es witzig, die muhenden Aliens, Chinpokemon, ManBearPig/Schweinebärmann und die Goth-Kids wieder zu sehen. Aber dann folgen eben doch nur dieselben Witze, die ihr aus der Serie längst kennt. Manche Figuren sind auch einfach nur da, ohne Funktion, ohne Quest. Nur als Fan-Service. Wow. Ein kleiner Lichtblick war die Reise nach Kanada. Doch der wurde sogleich zunichte gemacht, denn es zeigte sich, dass es doch nur dasselbe in….grün war. Das Ende der Geschichte um the new kid und den stick of truth ist dementsprechend vorhersehbar. Leider gibt es auch keinen Grund, danach weiter zu spielen. Denn gesehen und erledigt habt ihr bereits alles.

Ich hatte hohe Erwartungen an dieses Spiel. Ich bin Fan der “South Park” Serie seit die erste Staffel 1999 nachts auf RTL lief. Ich hab mir jede Folge auf VHS aufgenommen. Ich bin mehrmals in den Kinofilm gegangen. Ich hab mir den unsäglich schlechten Ego-Shooter für das N64 geholt. Ich mag die Reihe bis heute, obwohl sie den schmalen Grat zwischen genialer Persiflage und unterstem Pubertätshumor nicht immer perfekt trifft. Aber nach der aufwändigen Einleitung durch die Game of Thrones Triple-Folge hätte mehr kommen müssen. „The Stick of Truth“ bleibt in allen Belangen zu oberflächlich und verschenkt – gerade als Rollenspiel – unglaublich viel Potential. Denn das bisschen Fanservice hätte man auch in unter zehn Stunden packen können. Schade.

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8 comments on “South Park – The Stick of Truth: Nicht mehr als ein bisschen Fanservice

  1. Sry dem kann ich nicht zustimmen. Klar ist es spielerisch sehr einfache Kost, aber es ist so gesehen eine SP-Episode par excellence. Hier wird alles geboten was SP so herrlich witzig macht. Und ich hatte am liebsten Cartman dabei. Mächtige FeuerFurzAttacken. ;)
    Ich persönlich hatte verdammt viel Spaß mit dem Spiel. Die Reise im Darm(bzw die Frage davor wer geht), die Analsonden und die “Abtreibung” herrlich ;) Fies aber sehr spaßig politisch unkorrekt :P

    • Ich find das ja prinzipiell auch alles lustig. Aber es kam halt alles schon mal vor. Reise im Darm inkl. der Geister der toten Tiere, das Abortion-Ding, die Analsonde. Du hast vollkommen Recht, es ist eine South Park Folgen pr excellen, aber eben eine alte. Ich hätte mir eine neue gewünscht. Verstehst? Neue Witze und Verarschungen hätten vielleicht über das simple Spielsystem hinweg getrötest. Aber so war es altes Material in schlechter Verpackung.

      • Stimmt die Gags waren nicht neu, der älteste stammt aus der ersten Folge. Ich vermute aber das viele einfach zu viel von dem Spiel erwartet haben. Ich bin da sehr neutral ran gegangen und hab viel gelacht. Klar waren die Kämpfe leicht ermüdend nach einer Weile, aber wenn man hin und wieder mal den Partner gewechselt hat. War des sogar spaßig (Prinzessin Kennys Einhorn Attacke, Gott was habe ich beim ersten mal gelacht) :D
        Aber ich verstehe auch deinen Unmut bzw deine Kritikpunkte(wenn man jede SP Folge kennt, ist des bestimmt schnell langweilig)
        Mein Vorteil ich kenn nicht jede Folge und wurde daher köstlich amüsiert. ;) Und das ist ja der Sinn der Sache.
        Trotzdem ein sehr gute geschriebener Artikel, auch wenn ich mit der Meinung nicht konform gehe.

        Gruß aus Kölle

  2. Aha! Ja, das leuchtet mir dann ein. Je weniger Folgen man kennt, desto lustiger ist demnach das Spiel.

    Danke.
    Meine Meinung ist ja nur eine von vielen. :)

  3. Southpark fand ich bislang auch noch nciht so toll habs auch erst 2 stunden gespielt. Allerdings muss ja die hohe Metacritic Wertung irgendwie zustande kommen, daher hoffe ich mal, dass noch was kommt, was es gerechtfertigt. ^^
    was mir noch aufgefallen ist in der Kritik:

    >Im Prinzip ist es völlig egal, für welche Klasse ihr euch zu Beginn entscheidet. Das Spiel >wird nicht leichter oder schwieriger, und erst recht nicht interessanter.

    Sollten denn unterschiedliche Klassen unterschiedlich schwer sein? Bekommt man als Designer nicht einen fetten Rüffel, wenn die klassen unterschiedlich gebalanced sind?

    • unterschiedlich sollten sie sich anfühlen. ein magier sollte sich anders spielen als ein krieger. in den meisten rpgs ist das so und damit verknüpft ist dann auch der schwierigkeitsgrad. aber wahrscheinlich ist das auch wieder teil der parodie durch south park. so wie die pseudo namenswahl.

      stick of truth ist eben nur die parodie auf ein rpg und damit kein “vollwertiges”, “echtes” rpg. aber als parodie trägt es m.M.n. eben nicht über die volle spielzeit

  4. Also ich fand das Spiel absolut super. Klar spielerisch ist es immer das gleiche und auch viel zu einfach aber ich habe mich sehr über Story, Witze und kleine Easter Eggs amüsiert. Ich kenne so ca. 50% aller South Park Folgen und fand es positiv an viele Gags aus der Serie erinnert zu werden. Die Kämpfe fand ich auf Grund der absurden Attacken und Fähigkeiten auch noch 15 Stunden noch unterhaltsam. Für mich eine sehr positive Überraschung das Spiel.

  5. Myller Phiem Jun 22, 2016

    Hey,

    kann der Kritik leider auch nicht zustimmen. Es stimmt, dass die zugrundeliegenden Elemente allesamt bekannt sind aus der TV-Serie. Was damit gemacht wird, ist allerdings zum einen vielfach neu, zum anderen macht die Wiederholung es nicht schlechter. Ich hab´ wahrscheinlich keine Serie öfters im Re-Watch gehabt als South Park, und selbst beim 10. Mal Angucken derselben Folge macht es nicht weniger Spaß. Gerade erinnere ich mich an “Scott Tennorman must die!” und würde die Folge am liebsten wieder mal sehen ;D

    Als Einstieg in die Videospielwelt (ja, das N64-Spiel hatte ich damals auch, aber was war ja … irgendwas) kann ich mir gar kein besseres South Park-Spiel vorstellen. Zur E3 wurde der Nachfolger enthüllt, der jetzt auch in die Tiefe geht und sich am Kampfsystem von Radiant Historia orientiert. Womit man ein South Park-Spiel noch besser machen könnte, wären wählbare Dialogantworten … aber das verzehnfacht dann den Entwicklungsaufwand. Und so bin ich glücklich, einen quasi-10+ Stunden langen South Park-Film genießen zu dürfen.

    Die Musik ist btw richtig gut gelungen.