Pottpoly #6: Wrestling, Horror im Ural und Game Studies

23. Januar 2014

Sport, frostiger Horror und was zum Lesen? Das ist ja eine hübsche Mischung für den sechsten Pottpoly. Andreas, Sven und Lara haben drei für sie interessante Werke herausgepickt. Schauen wir uns das Spiel, den Film und das wissenschaftliche Büchlein mal etwas genauer an…

WWE 2K 14: Andreas ist ratlos

Fasching oder Wrestling? (Foto: 2K Games)

Fasching oder Wrestling? (Foto: 2K Games)

Ich und Sportspiele – das ist so eine Sache. Während ich bei nahezu jedem andere Genre keine Einstiegsprobleme habe, stoße ich bei “Fifa” & Co. immer an meine Grenzen. Es mag deshalb etwas vermessen sein, wenn ich mich jetzt an “WWE 2K 14” wage.

Meine Erfahrung mit Wrestling beschränkten sich bisher auf diese eine Szene in „They live“ und auf Mickey Rourke als abgehalfterter Wrestler. Natürlich habe ich den Namen Hulk Hogan schon mal gehört. Auch weiß ich, wer „The Rock“ ist. Aber sonst? Ich habe bisher kein Match im Fernsehen gesehen und der ganze Mythos, der sich in den 1980ern entwickelt hat, ist mir ein Rätsel. Und ja, für Fans gibt es dank des „30 Years of Wrestlemania“ – Modus’ in dem Spiel viel zu entdecken. Alle anderen schütteln nur den Kopf. Insofern ist „WWE 2K 14“ ein ziemliches Nerd-Spiel. Also eigentlich nichts für harte Jungs.

Es wirft mich als Newbie gleich ins kalte Wasser. Ich soll meinen Gegner mit einem „Pin“ oder „Body Slam“ erledigen? Häh? Was ist eine „Signature“? Also drücke ich einfach mal so auf den Knöpfchen herum und irgendwann wird mir klar, dass ich hauptsächlich gut kontern muss, um zu gewinnen. Der Rest? Ein ziemliches Gekloppe. Mit der Zeit komme ich mir eher wie ein Zuschauer und weniger wie ein Spieler vor. Fall es doch irgendwo so etwas wie Kampftaktiken oder Strategien gibt – ich habe nichts davon gesehen. Und wieso gibt es nicht einmal so etwas wie einen schnöden Lebensbalken? Irgendwann habe ich halt verloren oder gewonnen. Aha.

Ich frage mich, warum Entwickler Yukes dieses schräge Superhelden-Szenario in ein recht monotones Sportspiel steckt. Laut meiner Recherche gibt es in der „Szene“ ja so genannte „Fehden“. Da betrügt der eine den anderen hinter den Kulissen oder in der Arena. Das wäre doch mal eine Basis für ein Action-Spiel! Das könnte die Macher dann ruhig weitertreiben, so in Richtung von „Kiss meets the Phantom at the Park“.  Dann würde ich dem Ganzen nochmal eine Chance geben.

Devil’s Pass: Sven hat Gefallen am Winter im Ural gefunden

Ich weiß, dass „Devil’s Pass“ objektiv betrachtet nicht gerade DER Horrorfilm des Jahres ist. Aber der Film vom „Cliffhanger“- und „Stirb Langsam 2“- Regisseur Renny Harlin macht es mir nicht schwer, ihn gut finden. Ob’s daran liegt, dass ich nach wie vor auf Found Footage stehe? Wackelkamera und Pseudo-Doku-Stil gehen immer. Irgendwie. Und da ist noch die Tatsache, dass „Devil’s Pass“ auf wahren Ereignissen beruht. Das mag ich.

Autor Vikram Weet nahm das mysteriöse Unglück am Djatlow-Pass als Vorlage, um die bekannten Tatsachen in eine fiktive Geschichte einzubetten. Im Jahr 1959 starben neun erfahrene Bergsteiger im Nordural bei einer Expedition unter kuriosen Umständen. Diese Tatsache, zu der es zahlreiche Theorien und Spekulationen gibt, wird in „Devil’s Pass“ immer wieder aufgegriffen, um die eigentliche Gruselgeschichte zu erzählen. In dieser geht’s um fünf Studenten aus den USA, die über 50 Jahre später für ihre Universität eine Dokumentation  über die damaligen Vorfälle drehen möchten. Und so macht sich der Trupp auf, auf den Spuren der Verstorbenen zu wandeln. Was passiert, das ist wohl absehbar. Oben drauf gibt’s Verschwörungstheorien, eine kleine Portion Mystery und natürlich künstlich inszenierte Konflikte innerhalb der Gruppe.

Tolle Schauplätze. (Foto: Ascot Elite)

Tolle Schauplätze. (Foto: Ascot Elite)

Ja, eigentlich finde ich die Protagonisten weitgehend doof und auch das Ende lässt mir zu viele Fragen offen. Trotzdem gefällt mir „Devil’s Pass“. Schöne Schauplätze, eine wirklich interessante Story und eine intelligente Vermischung von Realität und Fiktion lassen Spaß entstehen. Dazu gesellen sich bedacht eingestreute Überraschungen, die Spannung aufkommen lassen. Nach etwas über 100 Minuten ist das nicht tiefgründige, aber einfach nette Shaky-Cam-Vergnügen vorbei. Ich hatte danach sofort Lust, mehr über das Unglück am Djatlow-Pass erfahren zu wollen. Also hat der Film doch irgendwas richtig gemacht, oder?

Game Studies: Wissenschaft und das liebe Gaming – Laras Eindruck

Kleines Werk für 10 Euro. (Foto: LIT Verlag)

Kleines Werk für 10 Euro. (Foto: LIT Verlag)

Games waren schon so vieles: Nerdkram, Gefahr für die Jugend, Aufreger, Titelthema, Kunstobjekt, Wirtschaftsgut, Massenphänomen. Seit wenigen Jahren sind Spiele aber noch etwas: Gegenstand der Forschung und Wissenschaft, die Game Studies. Für alle, die abseits der Bildschirme und Spielezeitschriften gerne über den Tellerrand blicken, für die bietet Benjamin Beils Büchlein „Game Studies – eine Einführung“ den besten Einstieg in die Materie. Auf 100 Seiten schafft er es, verständlich und doch präzise das weite Feld der Theorien und Besonderheiten zusammenzufassen.

Beil teilt sein Buch nach kurzer Einleitung in fünf Kapitel. Zunächst widmet er sich der historischen Entwicklung des Computerspiels. Anhand exemplarischer Beispiele und der generationsbestimmenden Hardware hangelt sich der Autor von den Anfängen mit “Tennis for Two” (1958) bis zum Erscheinen der Wii U (2012) durch die technische und gesellschaftliche Geschichte. Im Vertiefungsexkurs beschäftigt er sich mit Retro Gaming. Im zweiten Kapitel werden die verschiedenen Diskursansätze der Computerspielforschung behandelt. Die Vielzahl von Methoden und Forschungsperspektiven ergibt sich nach Beil aus den vielen „Heimatgebieten“ der Wissenschaftler wie Literatur-, Film- oder Medienwissenschaft, der Pädagogik, der Soziologie oder der Informatik. Aber warum existiert nicht der eine Computerspielforscher? Weil es nicht das eine Computerspiel gibt. Beil erklärt das mit den Formen der Beteiligung der Gamer: aktional, ökonomisch, temporal, sensomotorisch, audiovisuell, räumlich, emotional und sozial. In der folgenden Vertiefung geht er auf den Gründungsmythos der Game Studies ein, den Streit zwischen Ludologen und Narratologen. Kapitel drei und vier beschäftigen sich mit praktischen Analysemöglichkeiten, während sich das letzte Kapitel mit Gaming als Lebenskultur auseinandersetzt (Merchandise, Serious Gaming, Gamification, E-Sport oder auch Gaming als Kunst). Das Modding bekommt noch mal einen eigenen Bereich spendiert.

Am Ende will Benjamin Beil noch einen Ausblick auf die Zukunft geben, beschränkt sich jedoch auf ein „muss man abwarten“. Die Killerspiel-Debatte wurde bewusst ausgespart. Schade, das wäre mir doch noch eine Auseinandersetzung wert gewesen. Immerhin erteilt Beil den Verfechtern der Killerspielthese eine klare Absage. „Games Studies – eine Einführung“ ist genau das: ein Anfang, ein Überblick, viele kleine Anreize um sich weiter zu belesen oder selbst aktiv zu werden. Toll an dem Buch ist: Es ist im Postkartenformat und passt so in jede Hosentasche. Die Kapitel sind kurz genug, um sie auf dem täglichen Arbeits- oder Schulweg in Bus und Bahn zu lesen. Ob als Orientierung zur Studienfachwahl oder als Lektüre für den interessierten Gamer – diese zehn Euro sind gut investiert!

Benjamin Beil lehrt als Junior Professor an der Universität Köln (Institut für Medienkultur und Theater) mit dem Schwerpunkt Digitalkulturen. Man merkt an seinem kleinen Einblick in die Game Studies: Der Mensch hat Ahnung, der ist selber ein Gamer. Ein ausführliches Interview findet ihr hier oder hier.

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One comment on “Pottpoly #6: Wrestling, Horror im Ural und Game Studies

  1. Kurz und knapp:

    – Mein einziges Wrestlingspiel ist für die Wii und liegt seit Jahren hier immer noch eingeschweißt rum.

    – Renny Harlin mag ich, Devil’s Pass klingt jetzt aber nach Blair Witch im Schnee – laangweilig.

    – Hmm, solche Bücher begrüße ich grundsätzlich. Das Problem dabei, außer gehobener Ausdrucksweise findet der passionierte Gamer kaum neue Infos und diejenigen, die solche Bücher lesen sollten, weil sie Computerspiele für die Ausgeburt des Bösen halten, meiden diese selbst wie der Teufel das Weihwasser.