Guild Wars 2: Die unbezwingbare Last der MMORPGs

25. September 2012

“Guild Wars 2“ ist toll! Und wundervoll! Ohne jeden Zweifel ist es das beste MMORPG seit einer gefühlten Ewigkeit, weil es wirklich viele Dinge richtig macht, den Spieler nicht mit niederen Hack’n’Slay-Instinkten ködern möchte und dafür abwechslungsreiches Vorgehen immens belohnt. Doch so sehr mich die Welt von Tyria auch fasziniert: “Guild Wars 2“ ist gleichzeitig ein etwas trauriger Beweis dafür, dass das Genre vermutlich unlösbare Baustellen besitzt.

Meine erste Spielstunde war nämlich ein klein wenig ernüchternd. Ich hatte mich im Vorfeld von sämtlichen Berichten fern gehalten, habe auch kaum mehr andere MMORPGs angefasst und wollte mich richtig überraschen lassen. Deshalb war mein Ersteindruck dezent enttäuschend, weil ich mir spontan dachte: Das ist doch wieder nur ein weiteres “World of Warcraft“.

Die Wasseroberfläche ist so schön und ruhig, doch welch “Krankheiten” lauern in der Tiefe?

Allen voran krankt das Genre unter einer grundlegend mangelhaften Atmosphäre. Sobald ich all das Vorgeplänkel vom Intro bis zur Charakterwahl hinter mir gelassen habe, falle ich zurück auf den Boden der Tatsachen. Dieser heißt: Icon-Overkill, Menü-Überfluss sowie grellbunt eingeblendete Namen, zu sehen über jeder einzelnen Figur (und, bevor einer meckert, nur teilweise via Optionsmenü ausschaltbar). Wo andere Genres tunlichst darauf achten, den Spieler ohne HUD und ohne Texteinblendung von der Illusion einer virtuellen Welt zu überzeugen, da stößt mich ein MMORPG sofort mit dem Kopf gegen das neon-leuchtende “ICH BIN NUR EIN COMPUTERSPIEL!“-Schild.

Ähnlich problematisch sind die Inszenierungen von… eigentlich allem. ArenaNet hat vor sieben Jahren immerhin vollwertige Zwischensequenzen eingeführt. Für “Guild Wars 2“ rudert man leicht zurück und präsentiert einen Großteil in Form von Dialogen zweier großer Charaktermodelle. Ich muss hier hoffentlich niemanden erklären, wie limitiert diese Erzähltechnik ist.

Darüber hinaus gibt es steife Animationen, Ruckler und Größenverhältnisse fern der Realität. Spätestens jetzt werden die ersten wutentbrannten MMORPG-Fans mit dem Finger auf mich zeigen: “DU HAST KEINE AHNUNG VON DEM GENRE, DAS GEHT HALT NICHT ANDERS!!!“ Und wisst ihr was: Ich gebe ihnen Recht – in beiden Aspekten. Obwohl ich fleißig “World of Warcraft“, “Guild Wars“ und jüngst eben “Guild Wars 2“ gespielt habe, sehen meine Erfahrungen darüber hinaus sehr mau aus. “Final Fantasy XI“ und “Final Fantasy XIV“ habe ich noch probiert, das lag aber mehr am Serienname.

Und bezüglich “das geht halt nicht anders“: Genau das ist mein Problem. ArenaNet hat eine wirklich große und wirklich wundervolle Spielwelt erschaffen, die mich über ihre Genregrenzen hinaus entzückt. Aber sie können nicht die technischen Schwierigkeiten, nämlich dass tausende von Spielern gleichzeitig via Internet-Connection in ihr herum laufen, aus dem Weg räumen. Selbst bei der allerbesten Verbindung dieser Welt kommt es zu Lags und Rucklern, weshalb vor meinen Augen immer mal wieder eine Figur wie von Geisterhand von A nach B springt, mich der Server in einen (zugegebenermaßen voll spielbaren) Überlauf parkt oder mich gar ganz aus dem Spiel schmeißt (ist nicht mir persönlich passiert, aber genügend anderen Usern).

Ich weiß was das nächste Argument ist: Andere Genres hatten ebenfalls so ihre Schwierigkeiten und diese nach und nach behoben. Nur ich frage mich, wie das bei solch einem hochkomplexen Gebilde reibungsfrei funktionieren soll. Zudem: Selbst wenn ich “Ultima Online“ aufgrund seines Erfolges als Startpunkt des Genres nehme (welches es streng genommen nicht ist – es gab schon vorher MMORPGs, wenn auch weit simplere und weniger bekannte), dann reden wir hier auch bereits von stolzen 15 Jahren.

Für einen wirklich gesicherten (!) reibungsfreien Ablauf gibt es zu viele Faktoren, die kein Entwickler dieser Welt kontrollieren kann – allen voran die Telefon/Internetleitungen sowie die Tatsache, dass ewig viele Spieler gleichzeitig spielen. Es sind dermaßen viele Techniken und Gerätschaften involviert, vom eigenen PC bis hin zu den dicken Servern, weshalb die Menge an potenziellen Fehlerquellen ungleich höher liegt als bei einem “normalen“ Spiel.

Das bin ich… doch wer weiß das schon?

Eng mit dem Spielerpulk hängt auch das zweite große Problem des MMORPG-Genres zusammen: Ich fühle mich austauschbar und habe das Gefühl, dass meine Aktionen nichts Weltbewegendes verändern. Warum auch, wenn ich weiß, das ich nur ein Held unter vielen bin? Da hilft es nichts, wenn “Guild Wars 2“ in den Zwischensequenzen der Instanzen ständig meine Wichtigkeit zu betonen versucht. Es ist eben blöd, wenn ich gerade den Angriff von einer Rebellentruppe verhindert habe und keine Stunde später diese wieder den gleichen Bauernhof angreift. Oder ich eine Aufgabe abschließe, wie beispielsweise das Legen von Fallen oder Wiederbeleben gefallener Soldaten, nur um zu wissen: Es bringt nichts. Die Fallen müssen erneut platziert werden und die Soldaten fallen ewig oft tot um. Ganz schön viel(e)“F/fallen“…

Zu guter Letzt und der Vollständigkeit halber ein grundlegender Genremeckerpunkt, der theoretisch lösbar wäre, aber sich zunehmend verschlimmert beziehungsweise dem auch ein “Guild Wars 2“ nichts entgegen steuert: die Sprache. Oder besser gesagt das Fachvokabular, das mit jedem MMORPG neue, zum Teil seltsame Blüten trägt. Ich rede von solch hässlichen Abkürzungen wie PvP oder PvE sowie Denglisch-fördernde Verunstaltungen á la Endgame oder Raid, die von WoW-Usern (!) in ihren alltäglichen Sprachgebrauch übernommen werden. Ja, selbst “WoW“ ist ein gutes Beispiel: Ich kenne Schüler, die relativ wenig mit Computern am Hut und nie etwas von “World of Warcraft“ gehört haben, wohl aber von “WoW“. Und wer einmal einem MMORPG-Süchtigen zugehört hat, wenn er nach Dutzenden von Stunden wieder eine Konversation mit realen Menschen führt, der wünscht sich die Binär-brabbelnden Nerds aus dem letzten Jahrtausend zurück…

Ich bin wirklich niemand, der sagt: Es ist unmöglich oder es wird sich niemals ändern. Aber ich sehe schwarz was die Illusion einer nachempfundenen oder auch nur glaubwürdigen Realität in MMORPGs anbelangt. Bei fast all meinen angesprochenen Punkten finde ich keine brauchbare Lösung. Oder wie bitte soll man dem Spieler mehr Heldentum-Gewicht geben, wenn erst das große Kontingent an Abenteurern das Genre an sich definiert? Inwiefern könnte man denn die unberechenbaren technischen Problemstellen aus dem Weg räumen, ohne gleich eine eigene Internetleitung zu verlegen? Einzig bei der Benutzerführung wäre es theoretisch möglich, diese auf ein gesundes Maß zu entschlacken – dann aber auch nur zu Lasten der Spieltiefe, vermutlich.

Dünne, grell leuchtende Namen mitten in der Brust eines NPCs als Mood-Killer.

Ich stelle deshalb andersherum die Frage: Muss sich überhaupt etwas ändern, wenn doch “Guild Wars 2“ so derb viel richtig macht und selbst mich mit seinen Stärken in seinen Bann zieht? Dann bleibe ich eben bei meinen Solo-RPGs, wenn ich mehr Atmosphäre will – was soll’s? Nun… ich hätte da schon noch einen Wunsch, nämlich einem Hybriden aus RPG und MMORPG. Genau genommen ist es eine Art von Spiel, die ich mir anfänglich unter der Bezeichnung “Online-Rollenspiel“ vorgestellt hatte: Ich spiele ein epische Geschichte gemeinsam mit meinen Freunden. D.h. keine 1000 Leute, sondern eine überschaubare Gruppe, wie in einem Coop-Ego-Shooter – oder in “Guild Wars 1“, nur so nebenbei bemerkt.

Das wäre es doch: Ein gewohnt Story-lastiges “Final Fantasy“, an dem ich mit bis zu vier Männern/Frauen sitze. Mal kämpft man gemeinsam durch einen Dungeon, ein andermal bereist man getrennt verschiedene Orte. Die spielerischen Möglichkeiten wären gigantisch, die Atmosphäre gewährleistet und die technischen Probleme? Überschaubar, wenn sich jeweils vier Leute eine Serverkapazität teilen müssten… oder?

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6 comments on “Guild Wars 2: Die unbezwingbare Last der MMORPGs

  1. Guild Wars 1 hat mich damals sofort in seinen Bann gezogen, die hübsche Grafik, eine unglaubliche dichte Atmosphäre, die Chance auch als Gelegenheitsspieler alleine, mit Zufallsgruppen oder auch als kleine Gilde wirklich etwas erreichen zu können. Dazu halt das Gefühl, wie in einem Solo-RPG eine richtige Story mit Zwischensequenzen durchzuspielen.

    Die Addons haben einen draufgepackt, allerdings leider auch im Schwierigkeitsgrad. Mit etwas Übung konnte ich im Originalteil tatsächliche JEDE Mission alleine schaffen. Bei den Addons war das nicht mehr möglich, für einige Missionen musste ich sogar im Internet nachlesen, wie die Rätselfragen zu beantworten sind. Selbst im normalen Gelände gibt es gegen Ende in Nightfall etwa, einige Gebiete, die sind alleine kaum lebend zu schaffen. Die einzige Möglichkeit ist eine spezielle Skillung extra nur für dieses Gebiet oder jene Mission (die man erst mal haben muss – oder man MUSS sich praktisch ziehen lassen, was für mich allerdings nicht Sinn der Sache ist). Es machte Spaß die Addons noch einmal durchzuspielen (oder auch zweimal) aber dann war irgendwie die Luft raus.

    Dann kam WoW, bei mir erst im Frühjahr 2006, ein Jahr nach GW. Die Grafik fand ich schrecklich, aber die riesige offene Welt – wow!

    Viele haben GW1 nicht gespielt, weil es so anders ist. Deswegen ist GW2 offener, solo spielbar (bis auf Instanzen) aber es ist auch austauschbarer. Statt nur Menschen gibt es jetzt viele Rassen, viele Startgebiete. Ergo leidet die Story, da es so viele geben muss. Irgendwie wird GW2 dadurch ein wenig austauschbar. Gut, es kostet nichts – aber einen Shop gibt es ja schon. Age of Conan oder ähnliche Titel kann ich auch völlig kostenfrei spielen, kann dann zwar nicht alles sehen aber – who cares. Wenn ich ernsthaft ein MMO zocken will, dann muss ich wieder 5 Tage die Woche jeweils 3 bis 5 Stunden investieren, brauche eine Gilde, Teamspeak etc. pp. genau das ist das Problem mit richtigen MMOs. Wenn ich soviel zocke, dann zahle ich auch mal Monatsgebühren. Wenn ich nur gelegentlich zocke, dann ist GW immer eine gute Alternative gewesen. Ich bin in der Hinsicht gespannt, wie GW2 sich da entwickelt?

    Die Grafik ist super, haut mich 2012 aber auch nicht mehr vom Hocker, es ist eigentlich genau das, was ich MINDESTENS erwartet habe. Dafür kann ich sogar mit meiner lahmen Radeon HD 6670 mit 50 FPS bei absolut maximalsten Settings spielen (wenn viel los ist geht es auch mal auf 30 runter). Die Zwischensequenzen sind – nunja – zweckmäßig. Gleiches geht schon beim Intro los. Da war GW aber nie so doll. Wo ist das Renderintro von Factions? Aber schöne Sequenzen in Ingame-Grafik wären mir lieber gewesen.

    Die Frage ist halt, gelingt es GW2, die WoW-Fraktion langfristig zu fesseln? Gelingt es die GW1-Spieler zu überzeugen?
    Ich selbst habe noch nicht so viel gespielt, lese aber schon jetzt in Foren, dass etliche schon wieder mit GW2 aufgehört haben. Ich glaube einfach, es ist vom MMORPG für Casuals (GW1 Prophecies) zum Spiel für Profis (GW 1 mit Addons) zum Spiel für die Massen (GW2) geworden. Nur da ist die Konkurrenz groß. Aber vielleicht ist diese Massenkompatibilität die einzige Chance erfolgreich zu sein?

    Neben WoW ist der WoW-Klon Rift das einzige MMO mit Abogebühren, das einigermaßen erfolgreich läuft.

    Innovative MMOs wie The Secret World werden von Spielern und Spielepresse links liegen gelassen! (Obwohl das Game wirklich SUPER ist).

    Sandbox-MMOs im Stil von Ultima werden der Reihe nach geschlossen, selbst im F2P Bereich. Nur Ultima Online selbst hat seine 100.000 Leute Fanbase und EVE ist recht erfolgreich aber auch extrem speziell. Immerhin steht etwa mit Archage da noch ein interessanter Kandidat in der Warteschleife, der endlich auch gute Grafik hat.

    Ich denke die Zeit der MMOs ist langsam vorbei. Es war mal lustig ein Jahr intensiv so ein Spiel zu spielen (2000 Stunden) aber wenn man ein Real Life haben will, dann kann man das vergessen. Es bleibt also nur der Casual-Weg, doch der reicht vielen Leuten nicht, da die versessen darauf sind, alles erreichen zu wollen. Da MMOs Spieler bei der Stange halten sollen, ist “alles” eben nur mit unverhältnismäßigem Zeiteinsatz machbar. Damals war GW 1 für Casuals DIE Alternative, heute ist GW 2 davon leider wieder recht weit abgerückt, stellt sieben Jahre nach WoW-Wachstum die Freaks allerdings quantitativ auch nicht zufrieden.

    Wieso ich sage die Zeit der MMOs ist vorbei? Als 2005 GW und WoW auf den Markt kamen war das Internet gerade Massentauglich geworden und vor allem gab es DSL und endlich Flatrates (weltweit gesehen). Deswegen haben sich ALLE auf diese MMOs gestürzt, da das etwas neues war. Jaja ich weiß, es gab vorher etliche andere aber sorry, ich habe die auch (an)gespielt und weder Everquest 1 noch Lineage (I und II), Anarchy Online und auch nicht das so hoch gelobte Dark Age of Camelot waren auch nur ANNÄHERND so spielbar wie GW oder WoW. Die Bedienung dieser alten Spiele war selbst zu derer Zeit eine KATASTROPHE (im Vergleich zu damaligen Offline-Games).

    Inzwischen sind sieben Jahre vergangen und die, die damals angefangen haben, die haben eben auch praktisch alles gesehen. Ich erinnere mich noch so gut an meine ersten Stunden in GW und auch WoW. Danach? Kein anderes MMO hat mich je wieder so reinziehen können!

    Die alten Spieler spielen also aus sozialen Aspekten ihre alten Titel weiter oder hören auf. Zwar kommt Nachwuchs, aber es fallen oben auch gleichzeitig immer mehr Leute weg, die keine Lust mehr haben. Viele kaufen jedes neue MMO, zocken es dann ein, zwei Monate und legen es wieder enttäuscht zur Seite: Hypespiel SWToR aber auch Tera, Aion, etc. pp.

    Alles gute Spiele, keine Frage, aber eben KEIN Staun-Faktor mehr. Der Zauber ist längst verflogen, MMOs sind ein alter Hut. Die Bereitwilligkeit noch einmal 2000 Stunden in ein neues Spiel zu stecken ist bei mir gleich Null, und ich denke, das geht vielen so.

    Ich habe gerade gezählt, ich habe tatsächlich acht(!) MMOs auf meinem PC installiert! Alles tolle Spiele. Wann soll ich die spielen? Die meisten wahrscheinlich mal drei bis zehn Stunden irgendwann. Ich werde jetzt vornehmlich GW2 zocken, möglichst gildenlos bleiben und mal schauen, wie weit ich auf die Weise komme.

    • Da kann ich Dir in allen Belangen zustimmen, denn auch für mich ist die Zeit der MMO vorbei. Man könnte sogar sagen , sie war dann vorbei, als sie richtig angefangen hat, nämlich mit dem Release von WoW! Das Spiel war nicht nur der Beginn der Erfolgsgeschichte MMO, sondern auch das Ende der Fahnenstange. Durch den ungebrochenen Erfolg und das MMO-eigene Prinzip, einer Community treu zu bleiben, waren alle anderen Versuche zum Scheitern verurteilt.

      Die Klone wie Herr der Ringe Online, Rift oder Warhammer Online konnten zwar kurz durch die neue Welt und oftmals die starke Lizenz Anfangserfolge erzielen, aber letztlich war es zu wenig, um die Masse aus Astaroth herauszubewegen. Und die richtig innovativen Titel wie Secret World, Chronicles of Spellborn oder Auto Assault wurden links liegen gelassen, weil die Masse an neuen Ideen meist nicht interessiert genug ist, um eine lieb gewonnene Welt zu verlassen.

      Ohnehin sind Innovationen bei MMO nur eine marginale Angelegenheit, denn trotz solcher Elemente wie Story-basierter Instanzen oder neuartiger Kampf- und Skillsysteme bleibt ein MMO im Grunde doch immer das gleiche Spiel mit gleichen Mechanismen! Letztendlich ist es nichts weiter als ein grafisch aufgebohrter Gruppenchat mit Spielfunktionen – und davon braucht ein User in der Regel eben nur ein Exemplar!

  2. Xanija Okt 8, 2012

    Vielleicht liegt der Fehler tatsächlich im Gedanken, dass der Spieler in einem MMORPG ein einzigartiger Held sein soll. Das kann schon nicht glaubhaft sein. Die Frage ist: Wollen wir alle Helden sein? In einer Welt voller Helden ist man lediglich ein normaler Mensch (oder Zwerg, Halbling, Ratonga etc.).

    Ein MMORPG sollte eine Leinwand, viele Farbtöpfe und Pinsel sein, nicht ein fertiges Gemälde. Leider werden uns nur noch fertige Gemälde angeboten. Toll gemalt, in den schönsten Farbkompositionen, einfach traumhaft. Und wir stehen davor und staunen mit offenem Mund, ergötzen und an dem Kunstwerk und jubeln, wie toll es doch aussieht. Nach einer Weile haben wir uns jedoch satt gesehen, und deswegen gibt es immer wieder weitere Gemälde der gleichen Maler, um uns in der Galerie zu halten. Gäbe man uns jedoch die Werkzeuge, selbst Bilder zu malen, hätten wir auch länger Spaß daran. Statt neue Bilder aufzuhängen, hätte ich lieber neue Werkzeuge, mit denen ich andere Bilder malen könnte. Leider ist die Menge der Spieler, die genug Phantasie dafür haben, begrenzt. Und dann sagt sich der Investor: Scheiß auf Kreativität, gebt den Leuten Brot und Spiele.

    SWG hat das geboten, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Dort ist man auch nicht als der einzigartige Held in die Welt geworfen worden. Dort hat man sich, wenn man das wollte, seinen Ruf erarbeitet als besonderer Crafter (!), als rollenspielender Entertainer (der am stärksten unterschätzte Kleber in einem sozialen Spiel), vielleicht auch als verschlagener Schmuggler oder was auch immer man wollte. Vielleicht hat man auch nur einen ganz durchschnittlichen Charakter gespielt, weil die Masse an Helden langweilig gewesen wäre.

    Stattdessen bekommen wir einen Quest-/Level-/Raid-/PvP-Klon nach dem anderen vor die Füße gekotzt.

    • Also mich persönlich langweilen Sandbox-MMOs. Ich kann weder mit Ultima Online noch mit EVE was anfangen. Ich möchte schon Questreihen und Abenteuer, sprich eine Geschichte erleben. Vorzeigespiel ist hier immer noch GW1. Andererseits mag ich auch RPG in MMOs. In WoW bin ich auf einem RPG Server, nur leider wird dort kein RPG betrieben, zumindest nicht auf Allianz-Seite. Auf Horde-Seite habe ich es ein paarmal erlebt und das hat dann auch wirklich Spaß gemacht. Sehr schön in der Hinsicht finde ich Age of Conan. Aber auch da muss man eher auf einen englischen Server gehen, wenn man RPG erleben will.

      Raidinstanzen mit großen Gruppen sind mir in der Regel ein Gräuel. Aber scheinbar stehen viele Leute darauf. Denen geht es dann auch mehr um den Erfolg. Oft wird wirklich nur durchgerusht um den Boss zu legen. Das ist mir meist zu hektisch und zu langweilig, wenn man es, wie bei WoW, ständig machen muss. Außerdem hasse ich diesen Gruppenzwang.

      Das größte Ärgernis bei solchen Themepark-MMOs ist für mich immer dann, wenn man nur durch Raids oder PvP die besten Rüstungen und Waffen erhalten kann. Warum nicht durch eine lange Solo-PvE Questreihe? Warum nicht durch Handwerk gleichwertige Dinge? Niemand sagt, das soll leicht oder billig sein. Aber für Leute wie mich, die keinen Bock auf Gruppenraids haben, wäre es die Alternative und auch mal ein Erfolgserlebnis und ich hätte auch mal Motivation sowas zu erreichen. Bei WoW und Co. ist es hingegen so, ich weiß, dass ich niemals eine Max-Waffe oder -Rüstung haben werde, entsprechend niedrig ist die Motivation dort etwas erreichen bzw. weiterkommen zu wollen.

      • Xanija Okt 8, 2012

        Jedem was er mag. Für Questreihen, Abenteuer, Geschichte erleben bevorzuge ich Singleplayer-RPG’s. Da kann ich mir die Zeit lassen, die ich brauche, muss keinen Kleinkinder-Chat ertragen und die Qualität der Quests/Story ist in der Regel besser.

        EVE ist sehr speziell, ich habe es eine Weile gespielt, aber die Downtimes während des Spielens waren mir viel zu lang. Schon alleine, wie lange man braucht, um sein Schiff zu fitten, ging mir auf Dauer auf den Keks, von Reisen mal ganz abgesehen.

    • Kleinkinder-Chat muss ich auch so nicht ertragen. Entweder habe ich das Chatfenster ausgeblendet oder sowieso nur Gildenchat und ähnliches an. Und auf vernünftigen Servern, etwa bei Age of Conan oder Herr der Ringe Online geht es auch im allgemeinen Chat sehr gepflegt zu. Mag sein, dass ich ein MMO wie ein Singlepayerspiel spiele. Der Reiz liegt eben darin, mit anderen zu spielen oder auch andere zu sehen, die Welt ist einfach belebter und dadurch interessanter.